Kommentar |
Ethik der Kindheit – in Filmen und Romanen
Seit Sokrates lautet die zentrale Frage der philosophischen Ethik, „wie man leben soll, um gut zu leben“. Worauf aber käme es bei einer spezifischen Ethik der Kindheit an? Letzten Endes immer auch darauf, Kindern ein solches Leben vorzuleben und damit durch die lebenspraktische Vermittlung wichtiger Werte und Grundorientierungen ein Stück weit zu ermöglichen. Dabei gilt es freilich aus ethischer und pädagogischer Sicht zu berücksichtigen, dass sich viele ethische Grundprobleme aus Sicht des Kindes deutlich anders darstellen als aus Sicht der Erwachsenenwelt. Positive ethische Grunderfahrungen wie etwa „Freiheit“, „Solidarität“, „Freundschaft“, „Spiel“, „Lernen“, „Intimität“, „Liebe“, „Würde“ usw. bedeuten aus Sicht von Kindern ebenso etwas weitgehend anderes wie negative oder gar dramatische Grunderfahrungen im Umgang mit „Verlust“, „Einsamkeit“, „Missachtung“, „Entwürdigung“, „Feindschaft“, „Schuld“, „Krankheit“ oder „Tod“.
Aus der Sicht von Erwachsenen ist uns der Blick auf diese kindliche Erfahrungswelt bisweilen verstellt. Die jeweils eigenen Probleme, die man als Kind gehabt haben mag, sind biografisch teilweise in weite Ferne gerückt, und der (erzieherische) Blick auf (andere) Kinder und deren Probleme geht doch regelmäßig mit dem beunruhigenden Gefühl einher, dass man diese kindlichen Erfahrungen selbst nur noch unzureichend nachempfinden und „begreifen“ kann. Gelegentlich aber gelingt es mitreißenden Spielfilmen oder auch fesselnden Romanen, uns diese kindliche Erfahrungswelt neuerlich und anschaulich vor Augen zu führen. Im Seminar werden wir uns anhand einer Auswahl von sehr gelungenen Filmen und Romanen auf ethisch und pädagogisch fruchtbare Weise „zurückerinnern“. Dabei soll deutlich werden: Im Gegensatz etwa zu Dokumentationen oder Sachbüchern zum Thema eröffnen gerade diese „Fiktionen“ vielfältige und ungewohnte ethische Perspektiven auf das, was man in den einschlägigen Wissenschaften gern die „Konstruktion“ von Kindheit nennt.
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