Kommentar |
In der Pädagogik sind die Schriften von Foucault mit ihren wichtigen Impulsen für eine kritische Sozialwissenschaft mittlerweile nicht mehr wegzudenken. Leider werden viele seiner wichtigen theoretischen Konstrukte und Modelle eher sekundär rezipiert bzw. sind nur als Schlagworte bekannt. Dazu gehören Begriffe wie „Diskurs”, „Dispositiv”, „Subjektivierung” und „Gouvernementalität”. Diese Begriffe mit Leben zu füllen und als Analysewerkzeuge der eigenen (Denk)Praxis wirklich einzusetzen ist ein Ziel des Seminars.
Foucault hat seine Analysen an einigen Feldern verdeutlicht, die für die Soziale Arbeit zentrale Einsatzorte sind: er hat seine strukturellen Ideen anhand der Ein- und Ausgrenzung psychisch kranker Menschen entwickelt, er hat diagnostisches Vorgehen kritisiert, er hat die Sexualisierung der Gesellschaft und die damit verbunden Zuordnungsprozesse verdeutlicht, Individualisierung und Subjektivierung wurden ebenso als Prozesse der Befreiung wie der Unterwerfung herausgearbeitet, um nur Einiges zu nennen.
Im Seminar soll es für die Studierenden möglich sein aus diesen vielfältigen Ansätzen diejenigen auszuwählen, die zu den eigenen Erkenntnisinteressen passen. Auf dieser Basis soll dann anhand von Primär- und Sekundärliteratur das Zentrale an Foucaults Denken, und dem was es für die Soziale Arbeit auch heute noch bedeuten kann, gemeinsam herausgearbeitet werden und es sollen Zusammenhänge zu heutigen gesellschaftlichen Phänomenen gezogen werden. Es wird z.B. möglich sein, einen analytischer Blick auf die Verschränkung von Macht, Subjektivität, auf Herrschaftstechniken und „Technologien des Selbst” geworfen, der unter dem Begriff der Gouvernementalität mittlerweile Einzug in eine Vielzahl von Untersuchungen zu konkreten gesellschaftlichen Praxen gefunden hat.
Diese Verschränkung von Macht und Herrschaftstechniken durchzieht auch helfende Beziehungen, mit ihr können Fragen danach gestellt werden, wie Klient*innen produziert werden oder wie sich Diskurse und Denkformationen auf reales Handeln auswirken z. B. auch auf die Etablierung von Ökonomie und Eigenverantwortung im Feld von Gesundheit und Sozialem. Dieses analytische Vorgehen kann auch auf Zuschreibungen oder Handlungspraxen bezogen werden, die geschlechtliche Ordnungen herstellen oder durch performative Akte verändern. Da das Seminar als Lektürekurs angelegt ist, dessen Inhalte mit den Studierenden zusammen bestimmt werden, ist eine Bereitschaft zur intensiven Lektüre und aktiver Teilnahme Voraussetzung. |