Kommentar |
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Wozu denn dieser Kurs?
Niemals ist wissenschaftliches Schreiben einfacher gewesen als heute. Mit dem Computer gleicht die fehlerfreie Textproduktion einem Kinderspiel. Das Tippen selbst und das Korrigieren mit Grammatik- und Rechtschreibeprogramm erleichtern das Schraiben ungemein. Selbst das richtige Zitieren und Bibliographieren übernehmen heute Softwareprogramme, so dass es nicht mehr notwendig ist, zu wissen, wie sich der Chicago- vom Harvard-Style unterscheidet. Die seitenlangen Angaben von vermeintlich gelesenen und verstandenen Literatur am Ende von Texten sind Beleg für diesen technischen Fortschritt. Aufgrunddessen spricht vieles dafür, dass wissenschaftliches Schreiben heute eine Angelegenheit geworden ist, die keiner weiteren wissenschaftlichen Reflexion mehr bedarf. Und in der Tat spricht der stetig ansteigende Publikationsausstoß, an dem auch studentische Beiträge beteiligt sind, für diese Einschätzung.
Da die Rechenleistung des Computers, die Software zur Analyse von Daten, das universell zugängliche Wissen in Datenbanken etc. etliche der früheren Mühen des Forschens erleichtert oder gar automatisiert haben, kann die Wissenschaftlerin von heute ihre Aufmerksamkeit auf die "eigentliche Forschung" lenken. Doch was ist die "eigentliche Forschung"?
Dieser Kurs kann und will die Frage, was "eigentliche Forschung" sein soll, nicht beantworten und gerne an andere, hoffentlich klügere Köpfe delegieren. Anstatt dessen bietet er die provisorische und vielleicht sogar allzu gewagte Antwort an, dass Forschen und damit verbunden wissenschaftliches Schreiben zu einem schwer zu bestimmenden Anteil etwas mit Organisieren zu tun. Organisieren von was? Organisieren von Informationen, Texte, Aufzeichnungen, Betreuerinnen, Helferinnen, Daten, Dateien, Geld, Essen, Kind, Trinken, Hund etc.
Ein Disclaimer: Es wäre ein komplettes Missverständnis zu meinen, dieser Kurs böte nun ein Allheilmittel oder ein wenigestens einen "Methodensortiment" an, womit Probleme des wissenschaftlichen Schreibens gelöst werden können. Würde ich über ein solches verfügen, so hätte ich in meinem Leben nicht nur 3, sondern bestimmt 30 Bücher geschrieben, säße von deren Verkauf lebend auf Bali und würde an meinen 31tes schreiben. Ich sitze jedoch in einem immer kälter werdenden Büro in einem noch kälter werdenden Berlin. Hätte ich keine Probleme mit dem wissenschaftlichen Schreiben, so hätte ich mich auch wahrscheinlich niemals mit diesem Thema beschäftigt. Es gibt in den Sozialwissenschaften wirklich interessantere Probleme. Was man also realistischerweise von diesem Kurs erwarten kann, ist das Wissen, wie "alte" und "bekannte" Schreibprobleme durch "neue" Probleme ersetzt werden können. Und vielleicht gibt es die Hoffnung, dass die neuen sich von den alten Probleme dadurch unterscheiden, dass die erstgenannten lösbar sind.
Die Arbeitsweise: Der Kursanbieter referiert einige Erkenntnisse der Science Studies, Schreib- und Organisationsforschung. Auf Basis dessen werden Übungen vorgeschlagen, die im Laufe der Woche erledigt werden können.
Ziel des Kurses: die Erkenntnis einüben, dass Wissen beim Schreiben entsteht.
Voraussetzung: Computer/Mac, Citavi gibt es kostenlos im Rechenzentrum. |