Gruppe 1
Soziale Arbeit im Nationalsozialismus
Zentraler Schwerpunkt des Seminars stellt die Auseinandersetzung mit der Sozialen Arbeit im Nationalsozialismus dar. Eingerahmt wird diese durch eine Hinführung von der autoritären Armenfürsorge im Kaiserreich über die Professionalisierung Sozialer Arbeit am Ende des 19.Jahrhunderts bis hin zum "Recht auf Erziehung" in der Weimarer Republik. Bedingungen für die Ausgrenzung unter "erbbiologischen" Kategorien wurden bereits am Ende der Weimarer Republik geschaffen. Die Umsetzung der nationalsozialistischen Fürsorgepolitik wäre ohne die Beteiligung und Engagement der damaligen Fürsorgerinnen und FunktionärInnen Sozialer Arbeit nicht möglich gewesen. Mit diesem professionellen Handeln werden wir uns auseinandersetzen und auch nach den Folgen für die Betroffenen fragen. Die Folgen konnten bis zur Einweisung in ein Konzentrationslager (auf Grundlage der Berichte und Einschätzungen der damaligen Fachkräfte) oder auch der Ermordung reichen. Hierbei wird die Perspektive der Betroffenen eine zentrale Rolle spielen. Alle Texte/ Materialien befinden sich auf Moodle. Eine Exkursion in die Gedenkstätte Haus der Wannseekonferenz und/oder der Besuch der aktuellen Ausstellung über die "vergessenen Verfolgten" ist geplant. Mögliche Prüfungsleistungen: Referat/ Hausarbeit/ Seminargestaltung.
Gruppe 2
Soziale Arbeit und Soziale Bewegungen
Die Geschichte der Sozialen Arbeit ist national wie international eng mit der Entstehung und Entwicklung Sozialer Bewegungen verbunden, eine spannungsreiche Beziehung mit Konflikten, Konkurrenzen und Kooperationen. Vor dem Hintergrund sozialer Wandlungen haben Frauen-, Arbeiter/innen- und Jugendbewegungen wie auch die Neuen Sozialen Bewegungen theorie- und praxisbezogen Anstöße gegeben und Einfluss genommen auf die Entstehung, Entwicklung und Profilierung der Profession Soziale Arbeit und die Herausbildung ihrer Institutionen, Handlungsfelder und Methoden. Im Rahmen des Seminars werden den Impulsen, Herausforderungen und Spannungsfeldern historischer wie aktueller Sozialer Bewegungen für die Entwicklungen innerhalb der Sozialen Arbeit nachgegangen, historisch bedeutsame Abschnitte und Ereignisse analysiert und reflektiert mit Blick u.a. auf folgende Fragen: Was genau waren und sind historische wie aktuelle Soziale Bewegungen und wer waren und sind ihre Träger*innen? Warum engagier(t)en sich die Menschen lokal und welche konkreten Ideen stehen dahinter? Welche unterschiedlichen Protestformen zeigen sich im Laufe der Geschichte? Thematisiert werden neben den Frauen-, Arbeiter/innen- und Jugendbewegungen die Heimerziehungsbewegung, Frauenhausbewegung, queere Bewegungen, Menschenrechtsbewegung, Selbsthilfebewegungen, Refugeebewegungen, wachstumskritische Bewegungen, rechte Soziale Bewegungen und weitere Bewegungen, die von den Studierenden ins Seminar eingebracht werden. In der Blockwoche findet eine Exkursion zur Gedenkstätte Deutscher Widerstand statt, Thema sind hier die Widerstandsbewegungen. Erwartet wird eine regelmäßige und aktive Teilnahme am Seminar. Die Bereitschaft zum Literaturstudium im Seminarverlauf wird vorausgesetzt. Alle Texte/ Materialien befinden sich auf Moodle. Mögliche Prüfungsleistungen sind eine Seminargestaltung oder eine Hausarbeit.
Einführende Literatur: Franke-Meyer, Diana/ Kuhlmann, Carola (Hrsg.) (2018): Soziale Bewegungen und Soziale Arbeit, Springer VS, Wiesbaden Rucht, Dieter (2023): Kollektive Proteste und soziale Bewegungen. Beltz Juventa, Weinheim Wagner, Leonie (Hrsg.) (2009): Soziale Arbeit und Soziale Bewegungen, VS Verlag für Sozialwissenschaften. Wiesbaden
Gruppe 4
Soziale Arbeit und soziale Bewegungen
Das Seminar befasst sich aus einer konfliktorientierten Perspektive mit Geschichte(n) Sozialer Arbeit. Exemplarisch wird die Etablierung professioneller Soziale Arbeit anhand ihrer Verhältnisse zu ausgewählten sozialen Bewegungen beleuchtet entlang folgender Fragen: Welche sozialen Fragen wurden von welcher Bewegung, wie ins öffentliche Gespräch gebracht? Wie wurden diese sozialen Fragen sozialpolitisch (weiter-)verhandelt bzw. institutionell in professioneller Sozialer Arbeit (nicht) bearbeitet? Welche emanzipatorischen Potentiale kennzeichnen bzw. welche Widersprüche begleiten diese Prozesse und das Verhältnis von Sozialer Arbeit und sozialen Bewegungen? Lesebereitschaft wird vorausgesetzt.
Format: Präsenzlehre
Gruppe 5
Seminartitel: "Eugenik, Reproduktionspolitiken und Soziale Arbeit im 20. Jahrhundert"
Der „schreckliche Traum vom vollkommenen Menschen” (Kappeler 2000) entfaltete sich im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert zu einer gesellschaftsumspannenden Leitidee. Es waren nicht nur rechte und nationalistische Kräfte, die Theorien und Praktiken der „Bestenauslese” und „Ausmerzung” sogenannter „Minderwertiger” propagierten; im Gegenteil waren auch progressive und emanzipatorische Bewegungen überzeugt davon, dass Geburtenkontrolle, bewusste Partner*innenwahl, die Veränderung sexueller Normen und ähnliches mehr gleichzeitig zur sogenannten „Stärkung der Volkskraft” und zur Veränderung von gesellschaftlichen Machtverhältnissen beitragen konnten. So erhoffte sich auch die erste deutsche Frauenbewegung – die Hauptakteurin bei der Entwicklung Sozialer Arbeit als Profession in Deutschland – eine Verbesserung der Rechte und der Selbstbestimmung von Frauen, wenn ihr Einfluss auf die Bevölkerungsentwicklung diskursiv und praktisch gestärkt werde.
Im Seminar untersuchen wir gemeinsam die historische Verflechtung von sozialen, politischen und wissenschaftlichen Ideologien bei der Entwicklung von "Eugenik", "Rassenhygiene" und "Erbgesundheit", die – epochenübergreifend – zu Leitkonzepten Sozialer Arbeit avancierten. Wir analysieren, wie Begriffe wie "asozial" und "minderwertig" entstanden und diskutieren die Rolle von Sozialarbeiter*innen verschiedener politischen Lager in der Ausarbeitung und Umsetzung dieser Kategorien, zum Beispiel im Umgang mit sozialpolitischen Themen wie Säuglingssterblichkeit, Mutterschutz, Empfängnisverhütung, Abtreibung und Prostitution.
Im Fokus stehen die Diskurse Sozialer Arbeit im Kaiserreich, in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus und die Strategien, mit denen die Soziale Arbeit Einfluss auf die Geburtenraten und die Entwicklung der "Volkskraft" nehmen wollte und sollte. Dabei betrachten wir unter anderem auch die Geschichte der Alice Salomon Hochschule und beleuchten Kontinuitätslinien nach 1945. Ziel ist, ein vertieftes Verständnis für die komplexen Verstrickungen zwischen sozialen Bewegungen und Reproduktionspolitiken zu entwickeln und in ihrer Bedeutung für die Soziale Arbeit besser zu verstehen.
Die Teilnehmer*innen erhalten die Möglichkeit, mit historischen Dokumenten zu arbeiten – u.a. aus dem Alice Salomon Archiv, das die Geschichte der ASH Berlin zwischen 1893 und 1971 bewahrt. Geplant sind zudem die Teilnahme an einem Seminar im Haus der Wannseekonferenz (28.11.2024, ca. 9:30-14:00) sowie ein Besuch der Ausstellung "Die Verleugneten" (Termin noch offen)
Basisliteratur
- Bock, Gisela (2010): Zwangssterilisation im Nationalsozialismus. Studien zur Rassenpolitik und Geschlechterpolitik. Münster.
- Grosse, Pascal (2000): Kolonialismus, Eugenik und bürgerliche Gesellschaft in Deutschland 1850 – 1918. Frankfurt/Main.
- Grossmann, Atina (1995): Reforming sex. The German movement for birth control and abortion reform, 1920-1950. New York.
- Kappeler, Manfred (2000): Der schreckliche Traum vom vollkommenen Menschen. Rassenhygiene und Eugenik in der Sozialen Arbeit. Marburg.
- Manz, Ulrike (2007): Bürgerliche Frauenbewegung und Eugenik in der Weimarer Republik. Königstein/Taunus.
- Usborne, Cornelie (1992): The politics of the body in Weimar Germany. Women's reproductive rights and duties. Ann Arbor.
Gruppe 6
Die verleugneten Opfer des Nationalsozialismus
Im Nationalsozialismus beteiligen sich Fürsorger*innen im großen Maße an Verbrechen. Die Verfolgung von Menschen, die sie als „Asoziale“ und „Berufsverbrecher“ stigmatisierten, trieb die „Volksfürsorge“ zwischen 1933 und 1945 selbst voran. Die Soziale Arbeit hat sich lange nicht mit diesen Tatbeteiligungen beschäftigt. Die Verleugnung des nationalsozialistischen Unrechts in der deutschen Gesellschaft führte dazu, dass erst 2020 als „Asoziale“ und „Berufsverbrecher“ verfolgten Menschen offiziell als Opfer des Nationalsozialismus anerkannt wurden. Einen angemessenen Platz in der Erinnerungskultur wird ihnen immer noch nicht gewährt.
Viele zentrale Fragen für das Selbstverständnis Sozialer Arbeit lassen sich an der Auseinandersetzung mit dieser Gewalt- und Verfolgungsgeschichte diskutieren: Wir werden in diesem Seminar über die Handlungsmöglichkeiten, Einstellungsmuster sowie über Kontinuitäten sprechen. Diese Aspekte der eigenen Professionsgeschichte ermöglichen es, sich zum Beispiel mit dem Sprechen über Biografien verfolgter und ausgegrenzter Menschen, den Grundlagen von Gedenkstättenpädagogik und erinnerungskulturellen Interventionen sowie historischen Vergleichen und Gegenwartsbezügen zu befassen.
Wir werden uns diese Themen u.a. über die Inhalte einer im Herbst und Winter in Berlin gezeigten Ausstellung erschließen. Dazu ist auch eine grundsätzliche Bereitschaft notwendig, an Exkursionen teilzunehmen.
Gruppe 7
Gebrochene Biografien - Folgen der Heimerziehung in der DDR
Rund 500 000 Kinder und Jugendliche durchliefen das Heimsystem der DDR. Der Großteil von ihnen leidet bis heute an Spätfolgen. Posttraumatische Belastungsstörungen, Depressione, soziale Probleme sowie eine Vielzahl von körperlichen Einschränkungen gehören zum Allta vieler Betroffener. In diesem Seminar sollen einzelne Schicksale vorgestellt werden und der Bogen zu gesellschaftlicher Verantwortung heute und dem Umgang mit geschlossenen Einrichtungen generell gespannt werden.
In der 2. Blockwoche wird es entweder eine Exkursion in den geschlossenen Jugendwerkhof Torgau oder eine Schreibwerkstatt geben.
Gruppe 8
Welchen Blick hatten zentrale Pionierinnen Sozialer Arbeit auf die Gesellschaft, und wie wollten sie diese gestalten? Was daran war ihr Gegenentwurf zur mittelalterlichen Armenfürsorge und was ihr emanzipatorisches Momentum? Wie wirkt dies auf die weitere Entwicklung der Sozialen Arbeit bis heute nach - bzw. was gälte es zu erneuern?
In unserem Online-Seminar will ich mit Euch zentrale Etappen der Professionsgeschichte Sozialer Arbeit betrachten und sie auf die Situation Sozialer Arbeit heute beziehen. Dazu lege ich Schwerpunkte auf ausgewählte Pionierinnen der Sozialen Arbeit und ihre Kernkonzepte zum Beruf sowie die unmittelbaren Tätigkeitsschwerpunkte sowie auf weitere zentrale Etappen der Berufsgeschichte Sozialer Arbeit: Die Vereinnahmungen und Mittäter_innenschaften der NS-Zeit, Formen der Konsolidierung in der Nachkriegszeit und die Aufbruchstimmung sowie sich ändernde Praxis seit der 68er-Bewegung und schließlich neue/neoliberale Strömungen seit den 1990er Jahren. Trotzdem unser Seminar Online stattfindet will ich dabei neben Inputs auch mit interaktiven, diskussionsbezogenen und weiteren beteligenden Formaten mit Euch arbeiten! Ich freue mich daher, wenn Ihr bereit seid, zumindest punktuell Eure Kameras mit einzuschalten, denn ohne dies gelingt dies nur mühsam.
Unser Seminar startet um 15:00h:) Ich freue mich auf Euch,
Stefanie |