Kommentar |
Gruppe 12
Es scheint paradox: Einerseits sind transgeschlechtliche Lebensweisen (nicht nur) in Deutschland aktuell so sichtbar wie wohl nie zuvor – nicht zuletzt aufgrund der Erfolge trans*aktivistischer Bewegungen, die die gesellschaftlichen, rechtlichen und medizinischen Bedingungen der Lebbarkeit unterschiedlicher geschlechtlicher Seinsweisen entscheidend verändert haben. Andererseits sind derartige emanzipatorische Errungenschaften aktuell mit besonders massiven Gegenbewegungen konfrontiert: Insbesondere christlich-fundamentalistische, rechtskonservative und rechtsextreme Akteur*innen suchen eine strikt zweigeschlechtliche und heteronormative Geschlechterordnung zu re-installieren und setzen für ihre Mobilisierung vermehrt auf trans*feindliche Narrative. Diese Entwicklungen zeigen sich auch in Feldern der Sozialen Arbeit: In den letzten Jahren sind trans* Lebensweisen hier zunehmend in den Blick gerückt, sei es durch zielgruppenspezifische Angebote (etwa in der Beratung, in der Jugendhilfe, in der Eingliederungshilfe), oder als Querschnittsthema v.a. im Kontext geschlechterreflektierender Ansätze. Zugleich sind die meisten dieser Angebote bislang nur prekär institutionalisiert und aktuell wieder grundsätzlich in ihrer Existenz bedroht.
Im Seminar wollen wir uns zunächst mit historischen Entwicklungen und grundlegenden Perspektiven von Trans*Aktivismus und Trans Studies auseinandersetzen, die – über die Forderung nach Selbstbestimmung und Anerkennung von trans* Menschen hinaus – kritische Sichtweisen auf die Normalität(svorstellungen) herrschender Geschlechterordnungen eröffnen. Auf dieser Basis wollen wir dann aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen näher betrachten und uns vor diesem Hintergrund mit trans*bezogenen Angeboten und Ansätzen in der Sozialen Arbeit beschäftigen: Inwiefern werden darin trans*emanzipatorische Impulse wirksam? Inwiefern gehen mit der (prekären) Institutionalisierung von trans* Belangen im Kontext Sozialer Arbeit aber auch Verkürzungen und ambivalente Effekte einher? Mit welchen (teils existenziellen) Herausforderungen sind trans*bezogene Angebote aktuell konfrontiert, wie können sie verteidigt und gestärkt werden?
Das Seminar richtet sich an alle Studierenden, die sich für die angesprochenen Themen interessieren und bereit sind, eigene Vorannahmen, Verortungen und Perspektiven kritisch zu reflektieren. Vorerfahrungen in der Auseinandersetzung mit trans* Themen – in aktivistischen, beruflichen, privaten und/oder anderen Kontexten – sind für die Teilnahme von Vorteil. Die inhaltliche Schwerpunktsetzung und Gestaltung des Seminars soll zu einem Teil gemeinsam mit den Studierenden entwickelt werden, um die vorhandene Expertise möglichst breit einbeziehen zu können. Voraussetzung für die Teilnahme ist zudem die Bereitschaft zur vorbereitenden Lektüre von Texten, von denen einige theoretisch etwas anspruchsvoller sein können. Die Anforderungen an Teilnahme- und Prüfungsleistungen werden in der ersten Seminarsitzung erläutert. |