Gruppe 1
Geschlossene Unterbringung und ihre Folgen (Schwerpunkt DDR-Heimsystem und Biografien)
Wir befassen uns in diesem Seminar mit der geschlossenen Unterbringung als "totalen Institution". Ausgehend von der DDR-Jugendhilfe und der Disziplinierungseinrichtung Geschlossener Jugendwerkhof Torgau werden wir das DDR-heimsystem beleuchten. Dann werden wir uns Richtung Gegenwart bewegen und mit den Haasenburg- und Freisenhof-Heimen Einrichtungen unserer Zeit betrachten.
Der Fokus wird auf den Erlebnissen der Betroffenen und deren Auswirkungen bis heute liegen.
Exkurse zu Traumaentstehung /-überwindung, zur eigenen Haltung und zur Konfliktbewältigung im rbeitskontext (vor allem neue Ansätze in alten Teams) werden angeboten.
Die Bereitschaft zur aktiven Teilnhame und Mitgestaltung des Seminars wird vorausgesetzt.
Triggerwarnung: Die in diesem Seminar behandelten Biografien sind allesamt von körperlicher udn seelischer Gewalt, häufig auch von sexueller Gewalt betroffen.
Das Seminar findet im blended-learning statt, wobei die Präsenstermine überwiegen. Für die Online-Termine muss zwingend eine Kamera vorhanden und angeschaltet sein.
Eine Exkursion oder Schreibwerkstatt wird in der 2. Blockwoche stattfinden.
Gruppe 2
Kolonialismus, Soziale Arbeit und die Geschichte der ASH Berlin
Selbstbewusst entwirft sich die Soziale Arbeit als gesellschaftliche Kraft, die „im Namen derjenigen tätig [wird], die der Repräsentation bedürfen” (Castro Varela/Mohamed 2021). Die in den letzten Jahren verstärkte Rezeption postkolonialer und anderer macht- und ungleichheitskritischer Theorien innerhalb der Profession hat nicht nur zu diesem Selbstverständnis als kritische Profession beigetragen, sondern auch konkrete, widerständige Initiativen und Praktiken hervorgebracht – und vice versa.
Dies zu sehen darf jedoch nicht den Blick darauf verstellen, dass die im Zeitalter des Kolonialismus in westlichen, überwiegend bürgerlichen Kontexten entstandene Soziale Arbeit zutiefst verstrickt ist in (post)koloniale Machtverhältnisse. Um dem Anspruch einer kritischen Profession und Fragen nach Möglichkeiten der Repräsentation Marginalisierter gerecht zu werden, bedarf es nicht nur eines kritischen Blicks nach außen, sondern auch nach innen – auf die Geschichte und Gegenwart von Beteiligungen und Verstrickungen westlicher Sozialer Arbeit in imperiale, kolonialistische Machtausübung und deren Tradierung.
So sind die Verflechtungen der frühen Sozialen Arbeit mit rassistischen, eugenischen und „zivilisatorischen” Ideologien lange Zeit wenig beachtet worden. Welche Rolle spielten Sozialarbeiter*innen in kolonialen Siedlungs- und Missionsprojekten? Inwiefern wirkten sie an der Reproduktion weißer Überlegenheitsnarrative mit? Und wie zeigt sich dieses koloniale Erbe heute in den Strukturen und Curricula der Sozialen Arbeit?
Ebenso bedeutsam ist danach zu fragen, wessen Geschichten eigentlich erzählt werden, wenn wir über die Ursprünge und Entwicklungen der Sozialen Arbeit sprechen. In der dominanten Geschichtsschreibung tauchen Schwarze, afrodiasporische, asiatisch-diasporische sowie migrantische Akteur*innen aus ehemals kolonisierten Regionen kaum auf. Sie erscheinen, wenn überhaupt, als „Objekte” sozialer Interventionen, nicht als handelnde Subjekte. Dabei waren sie maßgeblich in Selbstorganisationen, Fürsorge- und Widerstandspraktiken aktiv, deren Spuren bis heute kaum erforscht sind.
Im Seminar befassen wir uns mit der Rolle der Sozialen Arbeit im deutschen Kolonialismus im Kaiserreich und der Weimarer Republik. Dabei legen wir ein besonderes Augenmerk auf die frühe Geschichte der Alice Salomon Hochschule Berlin und die bürgerlichen Sozialreformbewegungen, die zu ihrer Entstehung beigetragen haben und widmen uns den Beiträgen marginalisierter Akteur*innen.
Um diese Leerstellen zu füllen, begeben wir uns auf wenig erforschte Wege und untersuchen historische Dokumente aus dem Alice Salomon Archiv sowie weiteren Archiven – mit der Möglichkeit, eigene Recherchen anzustoßen und bislang verborgene Geschichten ans Licht zu bringen.
Dieses Seminar ist Teil eines Lehrforschungsprojekts zur Kolonialgeschichte Sozialer Arbeit des Alice Salomon Archivs der ASH Berlin. Es besteht die Möglichkeit, im folgenden Wintersemester 2025/26 eine Folgeveranstaltung im Unit „Vertiefung Theorie” zu besuchen.
In beiden Blockwochen werden Seminarsitzungen stattfinden:
- 22.05., 14:00 bis 18:00
- 12.06., 16:00-18:00
Gruppe 3
Soziale Arbeit und Soziale Bewegungen
Die Geschichte der Sozialen Arbeit ist national wie international eng mit der Entstehung und Entwicklung Sozialer Bewegungen verbunden, eine spannungsreiche Beziehung mit Konflikten, Konkurrenzen und Kooperationen. Vor dem Hintergrund sozialer Wandlungen haben Frauen-, Arbeiter/innen- und Jugendbewegungen wie auch die Neuen Sozialen Bewegungen theorie- und praxisbezogen Anstöße gegeben und Einfluss genommen auf die Entstehung, Entwicklung und Profilierung der Profession Soziale Arbeit und die Herausbildung ihrer Institutionen, Handlungsfelder und Methoden.
Im Rahmen des Seminars werden den Impulsen, Herausforderungen und Spannungsfeldern historischer wie aktueller Sozialer Bewegungen für die Entwicklungen innerhalb der Sozialen Arbeit nachgegangen, historisch bedeutsame Abschnitte und Ereignisse analysiert und reflektiert mit Blick u.a. auf folgende Fragen: Was genau waren und sind historische wie aktuelle Soziale Bewegungen und wer waren und sind ihre Träger*innen? Warum engagier(t)en sich die Menschen lokal und welche konkreten Ideen stehen dahinter? Welche unterschiedlichen Protestformen zeigen sich im Laufe der Geschichte? Thematisiert werden neben den Frauen-, Arbeiter/innen- und Jugendbewegungen die Heimerziehungsbewegung, Frauenhausbewegung, queere Bewegungen, Menschenrechtsbewegung, Selbsthilfebewegungen, Refugeebewegungen, rechte Soziale Bewegungen und weitere Bewegungen, die von den Studierenden ins Seminar eingebracht werden. In der Blockwoche findet eine Exkursion zur Gedenkstätte Deutscher Widerstand statt, Thema sind die Widerstandsbewegungen insbesondere von Künstler*innen und Intellektuellen, zu denen hier auch Vertreter*innen der Sozialen Arbeit gezählt werden.
Erwartet wird eine regelmäßige und aktive Teilnahme am Seminar. Die Bereitschaft zum Literaturstudium im Seminarverlauf wird vorausgesetzt. Alle Texte/ Materialien befinden sich auf Moodle. Mögliche Prüfungsleistungen sind eine Seminargestaltung oder eine Hausarbeit.
Einführende Literatur: Franke-Meyer, Diana/ Kuhlmann, Carola (Hrsg.) (2018): Soziale Bewegungen und Soziale Arbeit, Springer VS, Wiesbaden. Rucht, Dieter (2023): Kollektive Proteste und soziale Bewegungen. Beltz Juventa, Weinheim. Wagner, Leonie (Hrsg.) (2009): Soziale Arbeit und Soziale Bewegungen, VS Verlag für Sozialwissenschaften. Wiesbaden
Das Seminar findet in Präsenz statt.
Gruppe 4
Soziale Arbeit und soziale Bewegungen
Das Seminar befasst sich aus einer konfliktorientierten Perspektive mit Geschichte(n) Sozialer Arbeit. Exemplarisch wird die Etablierung professioneller Soziale Arbeit anhand ihrer Verhältnisse zu ausgewählten sozialen Bewegungen beleuchtet entlang folgender Fragen: Welche sozialen Fragen wurden von welcher Bewegung, wie ins öffentliche Gespräch gebracht? Wie wurden diese sozialen Fragen sozialpolitisch (weiter-)verhandelt bzw. institutionell in professioneller Sozialer Arbeit (nicht) bearbeitet? Welche emanzipatorischen Potentiale kennzeichnen bzw. welche Widersprüche begleiten diese Prozesse und das Verhältnis von Sozialer Arbeit und sozialen Bewegungen? Lesebereitschaft und aktive Teilnahme wird vorausgesetzt.
Format: Präsenzlehre
Gruppe 5
Jugendarbeit mit rechten Jugendlichen in den 1990er Jahren
Mit der deutschen Vereinigung im Herbst 1989 öffnete sich die innerdeutsche Grenze. In ganz Deutschland stieg die Zahl rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalttaten unmittelbar an. Diese Gewalt hatte (zum Teil tödliche) Auswirkungen auf das migrantische, jüdische und als „anders” stigmatisierte Leben (Punks, wohnungslose Menschen, queere Personen) in Ost- und Westdeutschland. Die rasche Verbreitung gewalttätiger Skinhead-Subkulturen nach dem Mauerfall in vielen Sozialräumen der ostdeutschen Transformationsgesellschaft stellte damalige Sozialarbeiter*innen und Streetworker der offenen bzw. aufsuchenden Jugendarbeit vor zusätzliche Herausforderungen in ihrer täglichen Arbeit. Die rechte Gewalt und die Frage nach den Reaktionsmöglichkeiten wurde innerhalb der Sozialen Arbeit kontrovers diskutiert. Ein Fokus in dieser Debatte nahm damals das Konzept der „akzeptierenden Jugendarbeit mit rechten Jugendcliquen” (Krafeld) ein, welches für die Jugendarbeit mit der Zielgruppe der rechten Jugendlichen entwickelt wurde.
Im Seminar setzen wir uns mit der Zeit der 1990er Jahre auseinander und betrachten die damalige Jugendarbeit mit rechten Jugendlichen. Wichtige Perspektiven werden dabei rassismus-, antisemitismuskritische sowie genderreflektierende Ansätze auf den sozialpädagogischen Umgang mit rechten Jugendlichen einnehmen. Zur Diskussion gestellt werden auch Überlegungen, die den Blick zurück auf die 1990er Jahre werfen und gegenwärtige Herausforderungen im Kontext von Rechtsextremismus und Sozialpädagogik skizzieren.
Das Seminar findet alle zwei Wochen in Präsenz statt. Als Teilnahmeleistung wird die Lektüre der Seminartexte (online auf Moodle) vorausgesetzt. Mögliche Prüfungsleistungen: Referat/Hausarbeit.
Gruppe 7
Soziale Arbeit im Nationalsozialismus
Nach wie vor wird davon ausgegangen, dass es sich bei der Sozialen Arbeit um ein wichtiges, "gutes" und progesssives Tätigkeitsfeld handelt. Der Blick auf die Soziale Arbeit im Nationalsozialismus stellt diese zentralen Annahmen grundsätzlich in Frage. Zentraler Schwerpunkt des Seminars stellt die Auseinandersetzung dem Handeln und den Tätigkeiten von Sozialer Arbeit im Natio nalsozialismus dar. Eingerahmt wird diese durch eine Hinführung von der autoritären Armenfürsorge im Kaiserreich über die Professionalisierung Sozialer Arbeit am Ende des 19.Jahrhunderts bis hin zum "Recht auf Erziehung" in der Weimarer Republik. Bedingungen für die Ausgrenzung und Abwertung der Adressat*innen unter "erbbiologischen"/"rassehygienischen Kategorien im NS wurden bereits am Ende der Weimarer Republik geschaffen. Die professionelle und effeltive Umsetzung der nationalsozialistischen Fürsorgepolitik wäre ohne die Beteiligung und Engagement der damaligen Fürsorgerinnen und FunktionärInnen Sozialer Arbeit nicht möglich gewesen. Im Seminar setzen wir uns mit diesem professionellen Handeln auseinander und fragen nach den Folgen für die Adressat*innen. Die Folgen konnten bis zur Einweisung in ein Konzentrationslager (auf Grundlage der Berichte und Einschätzungen der damaligen Fachkräfte) oder auch der Ermordung reichen. Hierbei wird die Perspektive der Betroffenen eine zentrale Rolle spielen. Alle Texte/ Materialien befinden sich auf Moodle. Eine Exkursion in die Gedenkstätte Haus der Wannseekonferenz und/oder der Besuch der Euthanasie-Gedenkstätte in Brandenburg an der Havel (gemeinsam mit dem Präsenzseminar) ist geplant. Mögliche Prüfungsleistungen: Referat/ Hausarbeit/
Das Seminar findet online statt.
Gruppe 7
Soziale Arbeit im Nationalsozialismus
Nach wie vor wird davon ausgegangen, dass es sich bei der Sozialen Arbeit um ein wichtiges, "gutes" und progesssives Tätigkeitsfeld handelt. Der Blick auf die Soziale Arbeit im Nationalsozialismus stellt diese zentralen Annahmen grundsätzlich in Frage. Zentraler Schwerpunkt des Seminars stellt die Auseinandersetzung dem Handeln und den Tätigkeiten von Sozialer Arbeit im Natio nalsozialismus dar. Eingerahmt wird diese durch eine Hinführung von der autoritären Armenfürsorge im Kaiserreich über die Professionalisierung Sozialer Arbeit am Ende des 19.Jahrhunderts bis hin zum "Recht auf Erziehung" in der Weimarer Republik. Bedingungen für die Ausgrenzung und Abwertung der Adressat*innen unter "erbbiologischen"/"rassehygienischen Kategorien im NS wurden bereits am Ende der Weimarer Republik geschaffen. Die professionelle und effeltive Umsetzung der nationalsozialistischen Fürsorgepolitik wäre ohne die Beteiligung und Engagement der damaligen Fürsorgerinnen und FunktionärInnen Sozialer Arbeit nicht möglich gewesen. Im Seminar setzen wir uns mit diesem professionellen Handeln auseinander und fragen nach den Folgen für die Adressat*innen. Die Folgen konnten bis zur Einweisung in ein Konzentrationslager (auf Grundlage der Berichte und Einschätzungen der damaligen Fachkräfte) oder auch der Ermordung reichen. Hierbei wird die Perspektive der Betroffenen eine zentrale Rolle spielen. Alle Texte/ Materialien befinden sich auf Moodle. Eine Exkursion in die Gedenkstätte Haus der Wannseekonferenz und/oder der Besuch der Euthanasie-Gedenkstätte in Brandenburg an der Havel ist geplant. (Gemeinsam mit dem Onlineseminar) Mögliche Prüfungsleistungen: Referat/ Hausarbeit/ Seminargestaltung.
Gruppe 8
"Eugenik, Reproduktionspolitiken und Soziale Arbeit im 20. Jahrhundert"
Der „schreckliche Traum vom vollkommenen Menschen” (Kappeler 2000) entfaltete sich im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert zu einer gesellschaftsumspannenden Leitidee. Es waren nicht nur rechte und nationalistische Kräfte, die Theorien und Praktiken der „Bestenauslese” und „Ausmerzung” sogenannter „Minderwertiger” propagierten; im Gegenteil waren auch progressive und emanzipatorische Bewegungen überzeugt davon, dass Geburtenkontrolle, bewusste Partner*innenwahl, die Veränderung sexueller Normen und ähnliches mehr gleichzeitig zur sogenannten „Stärkung der Volkskraft” und zur Veränderung von gesellschaftlichen Machtverhältnissen beitragen konnten. So erhoffte sich auch die erste deutsche Frauenbewegung – die Hauptakteurin bei der Entwicklung Sozialer Arbeit als Profession in Deutschland – eine Verbesserung der Rechte und der Selbstbestimmung von Frauen, wenn ihr Einfluss auf die Bevölkerungsentwicklung diskursiv und praktisch gestärkt werde.
Im Seminar untersuchen wir gemeinsam die historische Verflechtung von sozialen, politischen und wissenschaftlichen Ideologien bei der Entwicklung von "Eugenik", "Rassenhygiene" und "Erbgesundheit", die – epochenübergreifend – zu Leitkonzepten Sozialer Arbeit avancierten. Wir analysieren, wie Begriffe wie "asozial" und "minderwertig" entstanden und diskutieren die Rolle von Sozialarbeiter*innen verschiedener politischen Lager in der Ausarbeitung und Umsetzung dieser Kategorien, zum Beispiel im Umgang mit sozialpolitischen Themen wie Säuglingssterblichkeit, Mutterschutz, Empfängnisverhütung, Abtreibung und Prostitution.
Im Fokus stehen die Diskurse Sozialer Arbeit im Kaiserreich, in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus und die Strategien, mit denen die Soziale Arbeit Einfluss auf die Geburtenraten und die Entwicklung der "Volkskraft" nehmen wollte und sollte. Dabei betrachten wir unter anderem auch die Geschichte der Alice Salomon Hochschule und beleuchten Kontinuitätslinien nach 1945. Ziel ist, ein vertieftes Verständnis für die komplexen Verstrickungen zwischen sozialen Bewegungen und Reproduktionspolitiken zu entwickeln und in ihrer Bedeutung für die Soziale Arbeit besser zu verstehen.
Die Teilnehmer*innen erhalten die Möglichkeit, mit historischen Dokumenten zu arbeiten, u.a. aus dem Alice Salomon Archiv, das die Geschichte der ASH Berlin zwischen 1893 und 1971 bewahrt. Geplant ist zudem die Teilnahme an einem Seminar im Haus der Wannseekonferenz (05.06.2025, ca. 10:00-16:00). |