Kommentar |
Partizipation in der Kinder- und Jugendhilfe
„Mit der Idee der Bürgerbeteiligung ist es ein bisschen wie mit Spinat essen: Im Prinzip ist niemand dagegen, denn es ist ja gut für Dich." Mit diesen Worten beschrieb Sherry Arnstein 1969 die Diskrepanz zwischen der breiten Zustimmung zum Anspruch auf Partizipation einerseits und dem geringen Umsetzungsgrad andererseits.
Partizipation ist ein demokratietheoretischer Begriff und bezieht sich auf das verbriefte Recht auf Beteiligung an Entscheidungen. Die Forderung nach Partizipation wird begründet mit dem Argument: Es wird über unsere Angelegenheiten entschieden, also haben wir ein Recht darauf, mit zu entscheiden! Partizipation wird also eingeklagt auf der Grundlage der Menschenrechte, des Selbstbestimmungsrechts und der menschlichen Würde. Hierin liegt ihre Stärke, hierauf bezieht sich Partizipation als Handlungs- und Strukturmaxime lebensweltorientierter Jugendhilfe und auch Konzepte des Empowerment speisen sich aus diesem politischen Hintergrund.
In der Kinder- und Jugendhilfe verwenden wir den Begriff Partizipation für die Beteiligung von Kindern, Jugendlichen und ihren Eltern an den Entscheidungen über und an der Gestaltung von Angeboten der Jugendhilfe, und zwar in der offenen Jugendarbeit ebenso wie in der Familienbildung oder den erzieherischen Hilfen. Partizipation kann sich auf die Partizipation der Adressat/innen in den Angeboten der Sozialen Arbeit selbst beziehen, aber auch auf die Unterstützung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, die ihre Interessen in der Gesellschaft vertreten möchten.
Im ersten Semester des Vertiefungsgebiets Kinder- und Jugendhilfe werden wir uns mit Partizipation als Handlungs- und Strukturmaxime lebensweltorientierter Kinder- und Jugendhilfe in dieser thematischen Breite beschäftigen. Ich möchte gemeinsam mit Ihnen den Begriff der Partizipation hinterfragen und klären, Herausforderungen und Widersprüchlichkeiten von Partizipation in der Jugendhilfe analysieren und Handlungsmöglichkeiten in unterschiedlichen Feldern der Kinder- und Jugendhilfe diskutieren. Hierzu werden aktuelle Texte zu Partizipation in der Jugendhilfe genutzt (ein Textreader wird zu Beginn des Seminars zur Verfügung gestellt) sowie unterschiedliche Medien und Methoden der Klein- und Großgruppenarbeit einbezogen. |