Kommentar |
Gewalt in sozialen und pädagogischen Institutionen Betrachtet man das Grundgesetz und die gesetzlichen Regelungen der Sozialen Arbeit, so scheinen die Rechte von Adressat(inn)en in Institutionen gut gesichert. Allerdings bedeutet Rechte zu haben nicht automatisch auch, sie realisieren und beanspruchen zu können. Dies zeigen beispielsweise die in der Öffentlichkeit diskutierten Vorfälle körperlicher, seelischer und sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche in Heim- und Internatseinrichtungen. Man muss jedoch gar nicht solch massive Übergriffe anführen, um die Relevanz dieses Themas zu begründen. Im Alltag ist eine Vielzahl unauffälligerer Situationen zu beobachten, in denen Klient(inn)en in ihren Rechten beschnitten werden oder Grenzüberschreitungen durch Fachkräfte erfolgen. In der Jugendhilfe sind dies beispielsweise die Missachtung des Wunsch- und Wahlrechts bei der Bewilligung erzieherischer Hilfen oder die Abweisung junger Volljähriger mit der pauschalen Information, die Jugendhilfe sei für sie nicht mehr zuständig. Aber auch in der Ausgestaltung von Hilfe durch freie Träger sind eine Vielzahl von Situationen zu benennen, etwa Verstöße gegen das Briefgeheimnis in der Heimerziehung oder die Beschämung von Kindern im Kindergarten. Das Thema „Gewalt in sozialen und pädagogischen Institutionen" ist nicht neu, und solche Vorfälle allein mit mangelnder Professionalität oder gar der Persönlichkeit einzelner Fachkräfte zu erklären, greift zu kurz. Im Seminar werden wir uns damit beschäftigen, welche strukturellen Erklärungsweisen es für Gewalt in sozialen und pädagogischen Institutionen gibt, welche Strukturen hinter solchen Vorfällen stehen. Wie wird die Ausübung von Gewalt in sozialen und pädagogischen Institutionen ermöglicht oder gar begünstigt? Welche Prozesse können dabei beobachtet werden? Und wie kann dem entgegen gewirkt werden? Zur Bearbeitung dieser Fragen werden ausgewählte Theorien erarbeitet (z.B. die „totale Institution" von Erving Goffmann und die von Klaus Wolf auf die Soziale Arbeit übertragene Theorie der „Machtbalancen" von Norbert Elias )und anhand aktueller Fragestellungen diskutiert. |