Umgang bei sexueller Belästigung und Diskriminierung an der ASH Berlin
Sexualisierte Diskriminierung und Gewalt (SDG) werden im Hochschulalltag selten explizit zum Thema gemacht. Scheinbar kommen solche Fälle an der ASH Berlin kaum vor.
Doch gerade Hierarchien und Abhängigkeitsverhältnisse am Arbeits- und Studienplatz Hochschule begünstigen SDG. Betroffene befürchten oft berufliche oder studiumsbezogene Nachteile, wenn sie sich zur Wehr setzen oder sie suchen die Schuld bei sich und sind sich unsicher darüber, was ihnen genau passiert ist. SDG geht meist mit Entgrenzungen, subtilen Anspielungen und anderen Verschleierungstaktiken einher, die eine Handhabe dagegen schwierig machen. Deswegen informieren die Frauen*beauftragten auf den folgenden Seiten zum Thema und zeigen Handlungs- und Beratungsmöglichkeiten auf.
Im Februar 2020 hat die ASH Berlin eine Satzung zum Schutz vor Diskriminierung, sexualisierter Diskriminierung und Gewalt, Mobbing und Stalking an der ASH Berlin erlassen, die im folgenden Jahr umgesetzt wird.
Sie bietet der Hochschule eine umfassende Struktur für die Prävention von Diskriminierung sowie die Beratung und das Beschwerdemanagement in Fällen von Diskriminierung. Noch müssen diese Strukturen allerdings nach und nach aufgebaut werden. Die entsprechenden Informationen werden fortlaufend auf dieser Webseite aktualisiert und auch weitere Informationsmaterialien werden veröffentlicht (auch in Englisch und Spanisch). Bis dahin bitten wir um Geduld und um die Nutzung der oben angegebenen Unterstützungsangebote. Hier finden Sie mehr Informationen über die Satzung.
Was ist sexualisierte Diskriminierung oder sexualisierte Gewalt?
Unter sexualisierte Diskriminierung und Gewalt (SDG) fallen beispielsweise:
- der sexuell herabwürdigende Sprachgebrauch (insbesondere Bemerkungen oder Witze über Personen, ihren Körper, ihr Verhalten oder ihr Intimleben)
- Gesten und nonverbale Kommentare mit sexuellem Bezug (wie abschätzige Blicke oder scheinbar zufälligen Berührungen)
- das Kopieren, Anwenden oder Nutzen von entsprechenden Computerprogrammen auf EDV-Anlagen
- unerwünschte Berührungen oder körperliche Übergriffe
- die unerwünschte Aufforderung oder Nötigung zu sexuellem Handeln
Sexualisierte Diskriminierung wird in vielfältiger Art und Weise ausgeübt etwa verbal, nonverbal oder durch tätliche Angriffe.
Sexualisierte Diskriminierung kann individuell sehr unterschiedlich empfunden werden. Sie muss nicht intendiert oder bewusst ausgeübt worden sein: Entscheidend ist, ob sie bei der Betroffenen als sexualisierte Grenzüberschreitung ankommt.
Erste Anlaufstellen und Informationen bei Diskriminierung allgemein
Beratungsangebote
An folgende Stellen können Sie sich wenden.
Die Frauen*- und Gleichstellungsbeauftragten sind erste Ansprechpartner*innen und Berater*innen für Angehörige der ASH Berlin, wenn sie sich sexuell belästigt fühlen. Die Frauen*- und Gleichstellungsbeauftragten vertreten deren Anliegen zudem, wenn sie nicht selbst agieren möchten.
Eine kostenlose psychologische Beratung bietet die Psychologisch-Psychotherapeutische Beratung des Studentenwerks Berlin. Sie können sich als Betroffene/Betroffener gern an die Beratungsstelle wenden:
Standort: Hardenbergstraße 34, 10623 Berlin Tel. (030) 93939-8401 E-Mail: beratung@ studentenwerk-berlin.de
Standort: Franz-Mehring-Platz 2, 10243 Berlin Tel. (030) 939393-8438 E-Mail: beratung@ studentenwerk-berlin.de
Sprechzeiten: Montag – Donnerstag: 9.00 – 16.30 Uhr, Freitag: 9.00 – 15.00 Uhr
Außerhalb der Hochschulen gibt es unterschiedliche Beratungsangebote, die professionell beraten. Einen Überblick gibt es auf den Seiten des bff - Frauen gegen Gewalt e.V..
Handlungsmöglichkeiten
Manchmal ist es möglich in der konkreten Situation gegen die erlebte sexualisierte Diskriminierung zu intervenieren. Das kann von verschiedenen Faktoren abhängen, zum Beispiel in was für einem Verhältnis die betroffene Person zu der belästigenden Person steht. Oft braucht es viel Selbstvertrauen und Mut sich direkt zur Wehr zu setzen. Die nachfolgenden Handlungsmöglichkeiten sollen helfen, im akuten Fall zu agieren, ohne aber diejenigen abzuwerten, die sich dazu nicht in der Lage fühlen und sich anders entscheiden.
Es fällt oft schwer eine erlebte Situation als Belästigung zu erkennen. Entweder aus eigener Scham und Unsicherheit oder weil sich alles sehr subtil und unterschwellig abspielt. Deswegen ist es immer wichtig auf die eigenen Empfindungen zu achten und diese ernst zu nehmen, um nicht von vorne herein die eigene Perspektive in Frage zu stellen.
Sollte es möglich sein, ist eine offensive und aktive Reaktion direkt beim ersten belästigenden Vorfall sinnvoll. Mögliche Gegenwehr könnte bedeuten:
- Die belästigende Person zur Rede stellen/ konfrontieren und klar die erlebte Belästigung benennen
- Eine Beschwerde/ Anzeige androhen
- Ankündigen, anderen von der Tat zu erzählen
- Direkte körperliche Gegenwehr
Gespräche mit Vertrauenspersonen können oft entlastend wirken. Vielleicht haben andere auch schon negative Erfahrungen mit der belästigenden Person gemacht?
Alles so früh wie möglich genau zu dokumentieren, ist im Falle einer Anzeige oder Beschwerde von großem Vorteil. Es ist außerdem sinnvoll, E-Mails, Briefe, SMS etc. aufzubewahren und mögliche Zeug_innen anzusprechen.
Ein vertrauliches Gespräch mit den Frauen*beauftragten bzw. dem Personalrat ist vor allem dann zu empfehlen, wenn die Belästigung, vielleicht auch trotz Gegenwehr, wiederholt auftritt. Aber auch bei eigener Unsicherheit wie Situationen zu bewerten sind oder bei sonstigem Gesprächsbedarf sind die Beratungsangebote der Hochschule immer eine gute Anlaufstelle. Die Beratung erfolgt vertraulich und es werden nur Informationen weiter gegeben, wenn die oder der Betroffene das explizit wünscht. Die Frauen*beauftragten können auch bei weiteren Gesprächen und Handlungsschritten unterstützen.
Außerhalb der Hochschulen gibt es unterschiedliche Beratungsangebote, die professionell beraten. Auf den Seiten des bff - Gewalt gegen Frauen e.V. finden Sie eine Übersicht der Angebote.
Sollten die eigenen Gegenwehrstrategien nicht ausreichen, gibt es auch immer die Möglichkeit weitere Maßnahmen einzuleiten. Diese hängen von der dienst-, arbeits- oder hochschulrechtlichen Position des/der Beschuldigten ab. Dazu sollten die Frauen*beauftragten bzw. der Personalrat kontaktiert werden. Es gibt jedoch auch die Möglichkeit, sich direkt an die Hochschulleitung zu wenden.
Informelle Maßnahmen können die Situation entschärfen und im Einzelfall dementsprechend sinnvoll sein. Dabei ist Unterstützung für das Gespräch sehr hilfreich. Dafür können die Frauen*beauftragten angesprochen werden. Informelle Maßnahmen können sein:
- Persönliches Gespräch der betroffenen Person und/oder einer Person ihres Vertrauens mit dem/der Beschuldigten
- Persönliches Gespräch einer/eines Vorgesetzten und/oder einer Person aus der Gruppe der möglichen Ansprechpartner/innen (z. B. Frauen*beauftragte, Personalrat) mit dem/der Beschuldigten, unter Hinweis auf das Verbot von sexueller Diskriminierung, Belästigung und Gewalt
- Die betroffene Person hat das Recht, ihre Beteiligung an informellen und hochschulinternen Schritten abzulehnen bzw. sich vertreten zu lassen
Formelle Maßnahmen können helfen, wenn das Verhalten der belästigenden Person nach den ersten Gegenmaßnahmen nicht aufhört oder so schwerwiegend sind, dass allein persönliche Gespräche nicht ausreichen. Dann muss gegebenenfalls die Leitungsebene der Institution eingeschaltet und dienstrechtliche Schritte in Betracht gezogen werden. Formelle Maßnahmen können sein:
- Durchführung eines formellen Dienstgesprächs
- mündliche oder schriftliche Belehrung
- schriftliche Abmahnung
- Versetzung an einen anderen Arbeitsplatz innerhalb oder außerhalb der Hochschule
- Ausschluss von einer Lehrveranstaltung
- Ausschluss von der Nutzung von Hochschuleinrichtungen
- Hausverbot
- Exmatrikulation
- fristgerechte oder fristlose Kündigung
- Einleitung eines Disziplinarverfahrens und Verhängung von Disziplinarmaßnahmen, welche Verweise, Geldbußen, Gehaltskürzungen, Versetzung oder die Entfernung aus dem Dienst umfassen können
- Strafanzeige
Gesetzliche Grundlagen
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG § 3 Abs. 4) des Bundes, das Beschäftigtenschutzgesetz (BeschSchG) und das Landesgleichstellungsgesetz (LGG § 12) und das Strafgesetzbuch (StGB §§ 174-184) verbieten sexualisierte Diskriminierung und Gewalt und bieten den Betroffenen so rechtlichen Schutz.
Hinweis: Die Belange von Studierenden sind nicht durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) abgedeckt, da das AGG nur Mitarbeitende der Hochschule mit einschließt.
Die Erfolgsaussichten einer Strafanzeige oder einer Klage können in der Regel nur durch fachkundige Personen gewertet werden. Betroffene sollten sich deswegen an Rechtsanwält/-innen wenden oder Rechtsberatungen in Anspruch nehmen, um über den (Miss)Erfolg von Klagen aufgeklärt zu werden.
Im Strafrecht kommen vor allem die Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung wie beispielsweise die sexuelle Nötigung oder Vergewaltigung vor. Aufgrund der verkürzten Abiturzeit studieren vermehrt auch Minderjährige, so dass auch der sexuelle Missbrauch von Jugendlichen eine Rolle spielen kann. Weitere Straftaten können zum Beispiel Nötigung, Beleidigung oder Nachstellen (Stalking) sein.
Im Zivilrecht können Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden.
Verwaltungsrechtlich und/oder arbeitsrechtlich kann die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber den Betroffenen und anderen gefährdeten Personen sowie der Verstoß gegen die Dienstpflichten, durch den Täter an sich, eine entscheidende Rolle spielen. Hier kann die Entlassung oder Versetzung des Täters die Folge sein.