Kuan-Ling

finds her name hard to pronounce. Therefore, she likes to be called "Candy" in Germany. At her university in Taiwan, the National Taipei University of Education, she studies Cultural and Creative Industrial Management. After already having learned German for one and a half years, she absolutely wanted to come to Germny. Because of her course of study, the ASH Berlin was the only option. But she does not seem to regret that.

 

Du beginnst gerade dein zweites Semester an der ASH Berlin. Wie gefällt es dir bis jetzt?

Am Anfang fühlte ich eine gewisse Distanz zwischen mir und den anderen Studierenden, weil die meisten Soziale  Arbeit studieren, auch die anderen Austauschstudierenden. Aber dann fand ich die soziale Ausrichtung der Seminare ziemlich interessant, außerdem kann ich hier sehr frei die Seminare auswählen. Franziska aus dem International Office hatte mir zuerst alle englischsprachigen Seminare geschickt, aber da ich  mein Deutsch üben wollte, fragte ich sie, ob ich auch ein paar Seminare auf Deutsch belegen könnte. Sie ist wirklich nett! Sie sagte ja. Du kannst es für ein paar Wochen ausprobieren, um zu sehen, wie es funktioniert. So hatte ich letztes Semester zwei Seminare auf Englisch und zwei auf Deutsch und den Deutschkurs.

Gibt es etwas, was dir nicht so gut gefällt?

Die Lage der Universität. Es ist wirklich weit im Osten.  Wenn  ich in die Stadt fahren  will,  brauche  ich  ziemlich  lange. Aber so schlimm ist es auch wieder nicht. Mein Wohnheim liegt in der Mitte zwischen der ASH Berlin und dem Stadtzentrum.

Was sind die größten Unterschiede zwischen deiner Universität in Taipei und der ASH Berlin?

Wie ich schon gesagt habe, ist es vor allem  die  Freiheit,  die  Seminare  zu  wählen, für die man  sich  interessiert. Am meisten erstaunt war ich aber, dass es in den Seminaren verschiedene Gruppen gibt,  die von verschiedenen Lehrenden unterrichtet werden. An meiner Universität gibt es jeweils nur eine Lehrperson pro  Seminar, und  eine  feste  Zeit und einen  festen  Inhalt. Hier können Studierende dasselbe Seminar wählen und trotzdem in verschiedenen Gruppen mit verschiedenen Inhalten und Lehrenden sein – sie können sogar darüber diskutieren, welche Themen sie behandeln möchten.

Welche Themen interessieren dich am meisten?

Es gibt hier den Bereich Ästhetik, Kunst in der Sozialen  Arbeit. Da kann ich an meine bisherigen Studieninhalte anknüpfen und den Seminaren auf Deutsch einfacher folgen.

Wie war es für dich, mit anderen – deutschen und internationalen – Studierenden in Kontakt zu kommen?

Das ist immer noch schwierig. Letztes Semester habe ich viel Zeit mit internationalen Studierenden verbracht. Aber die meisten bleiben nur für ein Semester, das heißt, sie sind jetzt nicht mehr da. Das fühlt sich an, als hätte ich meine Freunde verloren. Ich kenne noch ein paar deutsche Studierende aus dem letzten Semester, mit denen ich weiter in Kontakt bin. Aber ich muss wirklich daran arbeiten, mehr Freunde für die Freizeit zu finden.

Wie übst du Deutsch?

Mit  deutschen  Freunden  eben,  und  manchmal gehe ich zu Meetups, weil dort Leute  sind,  die  Deutsch  lernen  wollen.  Dort kann ich auch neue Freunde finden. Und natürlich verbessere ich mein Deutsch durch die Seminare an der ASH Berlin. Letztes Semester hatte ich das Gefühl, dass ich gar nichts richtig verstehen konnte,  aber  dieses  Semester verstehe ich schon ungefähr siebzig Prozent. Die anderen  Studierenden sind auch sehr hilfsbereit,  wenn ich Fragen habe. Aber ich bin ein bisschen schüchtern und sie offenbar auch, denn meistens  scheint  es  mir, dass ich den ersten Schritt auf sie zu machen muss.

Wo siehst du denn, abgesehen von den Hochschulen, Unterschiede zwischen Berlin und Taipei?

Zuerst einmal denke  ich, dass Berlin nicht wirklich Deutschland ist. In Berlin gibt es so viele Kulturen, so viel verschiedenes und gutes Essen. In Berlin gibt es Menschen aus aller Welt und sie sprechen richtig gut Englisch. Selbst wenn ich kein Deutsch spreche, kann ich die Stadt genießen. Außerdem gibt es Angebote für alle Interessen. Wenn ich zum Beispiel Filme mag,  gibt es für mich eine ganze Reihe  unabhängiger  Kinos. Deshalb ist Berlin wirklich eine tolle und kreative Stadt, wo alles und jeden Tag etwas Neues zu finden ist. Dagegen gibt es in Taipei nur eine Kultur – die taiwanesische. Im Vergleich mit Berlin ist Taipei konservativ, ruhig und übersichtlich.

Was wird dir von deinem Aufenthalt in Berlin in besonderer Erinnerung bleiben?

Da gibt es ganz viel. Aber vielleicht besonders die Streetart überall. Einmal habe ich  eine  Streetart-Tour  mitgemacht,  die  unser International Office angeboten hat. Das hat mir die Augen geöffnet. Diese Tour kann ich sehr empfehlen, weil man eine andere Perspektive und neues Wissen über Streetart gewinnt. Dabei mag ich selbst lieber Museen. In meiner Freizeit gehe ich oft in die Museen auf der Museumsinsel oder anderswo in der Stadt.

Was für Pläne hast du für deine restliche Zeit bis August?

Mein oberstes Ziel ist, mich aufs Deutschlernen zu konzentrieren.  Außerdem  will  ich mehr reisen. Es steht schon fest, dass ich Ende April Zürich besuchen  werde. Später Paris und vielleicht Wien – wegen der Museen. Und auch von Berlin will ich noch mehr entdecken, weil ich nicht weiß, wann ich zurückkommen kann. Eigentlich hoffe ich, dass ich in Berlin einen Master machen kann.

Was würdest du Studierenden deiner Universität raten, die nach Berlin, an die ASH Berlin, kommen wollen?

Sei offen für alles. Denn ich glaube, jeder, der aus einem anderen Land kommt, wird hier auf kulturelle Unterschiede stoßen. Vielleicht stört es dich am Anfang, dass alles komplett anders ist, dass die Menschen komplett anders sind, dass du neue Freunde finden musst, um nicht allein zu sein. Aber das funktioniert am besten, wenn du dich öffnest und die Dinge akzeptierst,  statt  sie  abzulehnen. Auf diese Art, glaube ich, kann sich jeder in dieser Stadt wohlfühlen.

 

Das Interview führte Laura Haber und erschien in der Ausgabe 37/2019.