Zurück zu: Projektarchiv

EyeTrack4all

Vergrößerung der Anwender_innengruppen für augengesteuerte Unterstützte Kommunikation durch Entwicklung neuer Verfahren für die Blickverfolgung

Projektlaufzeit:
 01.10.2013 bis 30.06.2016

Projektleitung: Prof. Dr. Ingrid Kollak

Projektmitarbeiter_innen: Dr. Maxine Saborowski, Claudia Nuß, Anna Lena Grans, Julia Belaschky

Kooperationspartner_innen:

Dokumente / Downloads:

Film "Mehr Durchblick mit der Augensteuerung":
Videovorschau

 

Zusammenfassung:
Das Forschungsprojekt EyeTrack4all verfolgt das Ziel, Augensteuerung als Eingabehilfe in der Unterstützten Kommunikation für mehr Menschen nutzbar zu machen. Menschen, die sich aufgrund einer angeborenen oder erworbenen Schädigung lautsprachlich nicht oder nur eingeschränkt mitteilen können, nutzen Hilfsmittel der Unterstützten Kommunikation (UK). Heute stehen den Betroffenen u.a. Sprachausgabegeräte zur Verfügung. Um diese Geräte erfolgreich zu nutzen, ist eine sichere und einfache Ansteuerung notwendig. Dabei hat sich für Menschen mit starken motorischen Einschränkungen die Augensteuerung als eine wichtige Form der Steuerung etabliert. Im Rahmen des Projekts EyeTrack4all wird untersucht, welche Probleme bei der Nutzung von Augensteuerung in der UK existieren und wie diese behoben werden können. Zum einen werden Kommunikationsoberflächen und Lern-Programme daraufhin analysiert, ob sie mit Augensteuerung bedienbar sind. Zum anderen sollen Interaktionen von unterstützt Kommunizierenden mit ihren Angehörigen, Therapeutinnen und weiteren Bezugspersonen beobachtet werden: Welche Erwartungen sind mit dem Einsatz einer Augensteuerung verbunden, welche Anleitungen stehen Therapeutinnen und Therapeuten zur Verfügung? Die Erkenntnisse sollen den Nutzer_innen eine eigenständige und unabhängige Kommunikation am Sprachausgabegerät ermöglichen und damit zu mehr Teilhabe und Autonomie führen. Als Ergebnis sollen Empfehlungen für Angehörige sowie Heilberufler entstehen, wie Augensteuerungen von einer größeren Anwendergruppe genutzt werden können.

Was ist Unterstütze Kommunikation?
Der Begriff der Unterstützten Kommunikation (UK) umfasst alle therapeutischen und pädagogischen Maßnahmen, die zu einer erfolgreichen ergänzenden oder ersetzenden Kommunikation führen. Der Begriff leitet sich vom internationalen Begriff „AAC – augmentative and alternative communication“ ab. Menschen, die sich aufgrund einer angeborenen oder erworbenen Schädigung lautsprachlich nicht, wenig, unvollständig oder vorübergehend nicht mitteilen können, profitieren von UK. Grundsätzlich werden drei Gruppen von unterstützt kommunizierenden Menschen unterschieden (vgl. von Tetzchner/Martinsen: Einführung in Unterstützte Kommunikation, Heidelberg 2000):
• Menschen, für die UK ein expressives Ausdrucksmittel darstellt. Diese Personen haben i.d.R. Ein gutes Sprachverständnis, jedoch sprechmotorische Einschränkungen.
• Die zweite Gruppe besteht aus Menschen, bei denen UK als Hilfe zum Spracherwerb dient. Dabei hat die UK lediglich eine unterstützende Funktion und ein dauerhafter Einsatz ist i.d.R. Nicht indiziert.
• Zur dritten Gruppe zählt man Personen, denen UK eine Ersatzsprache bietet. Die Lautsprache wird hierbei kaum oder nicht zur Kommunikation genutzt. Ziel ist es, eine Alternative zu finden, die dann auch von den Bezugspersonen zur Verständigung genutzt wird. Um die kommunikativen Fähigkeiten (Mimik, Gestik, Laute etc.) der verschiedenen Betroffenen optimal ergänzen und erweitern zu können, gibt es unterschiedliche Hilfsmittel. Zu den nichttechnischen Hilfsmitteln zählen beispielsweise Fotos, Symbole, Buchstabentafeln oder symbolbasierte Kommunikationstafeln. Bei den technischen Hilfen gibt es ein breites Spektrum, beginnend bei einfachen Tasten mit Aufnahmefunktion oder statischen Kommunikationsoberflächen, bis hin zu komplexen Sprachausgabegeräten mit dynamischem Display und speziellen Kommunikationsoberflächen. Um die genannten Systeme bedienen zu können, gibt es unterschiedliche Ansteuerungsmöglichkeiten: direkte Auswahl über Touchscreen, Tastenscanning, Kopfsteuerung, Augensteuerung etc. Besonders die Augensteuerung hat in den letzten Jahren einen höheren Stellenwert bekommen, da Menschen mit starken motorischen Einschränkungen durch eine Ansteuerung mit den Augen vergleichsweise schnell und einfach kommunizieren können. Grundsätzlich verfolgen alle UK-Interventionen das Ziel, den Menschen, die sich nicht mit der Lautsprache verständigen können, eine effektive Kommunikationsform zugänglich zu machen und somit Barrieren, die durch die fehlende oder unzureichende Lautsprache im täglichen Leben entstehen, abzubauen. 

Was ist Augensteuerung?
Augensteuerungen werden als eine Möglichkeit der Ansteuerung (Eingabehilfe) von Sprachausgabegeräten genutzt. Vor der Entwicklung von Augensteuerungen wurden Sprachausgabegeräte von Personen, die motorisch stark eingeschränkt sind, überwiegend mit Scanningmethoden (Selektierungstechniken) bedient. Eine Augensteuerung besteht aus Infrarot-Kameras, die die Blickbewegung der Augen aufnehmen, und aus einem Programm, das diese aufgenommenen Daten analysiert und in eine Steuerung umsetzt. Somit kann die Blickbewegung in eine Maus-Bewegung umgesetzt werden, und ein Verweilen auf einer Fläche („Dwellmodus“) oder ein Blinzeln kann einen Klick auslösen. Durch eine sogenannte Kalibrierung wird die Augensteuerung an die individuelle Nutzerin bzw. den individuellen Nutzer angepasst. Der große Vorteil von Augensteuerungen ist, dass auch Menschen mit starken motorischen Einschränkungen die Eingabehilfe nutzen und damit relativ schnell kommunizieren können: Im Vergleich mit den genannten Scanningmethoden ist die Ansteuerung eines Sprachausgabegerätes durch Augensteuerung wesentlich schneller und direkter. Weiterhin ist die Auswahl über das Auge intuitiver, sie entspricht dem natürlichen Kommunikationsverhalten des Menschen (vgl.: Ehlert: „Einen Augenblick, bitte!“ In: Zeitschrift Unterstützte Kommunikation Heft Nr. 4, 2011).

Publikationen:
2016
Maxine Saborowski, Claudia Nuß, Ingrid Kollak: Kommunikationshilfsmittel mit Augensteuerung für nichtsprechende Personen mit schweren motorischen Einschränkungen. In: Abstracts der Vorträge des 6. Heilberufe Science Symposiums. HeilberufeSCIENCE 2016 Suppl 7: 2–11, S. 4-5 [DOI 10.1007/s16024-016-0270-y].

Maxine Saborowski: Zusammenfassung zu: Dann würde ich versuchen, eine Augensteuerung zu beantragen.“In: Unterstützte Kommunikation 1/2016, S. 36-37.

Maxine Saborowski, Anna Lena Grans, Minste Thedinga, Ingrid Kollak: „Dann würde ich versuchen, eine Augensteuerung zu beantragen.“ Befragung von Fachpersonen aus der Unterstützten Kommunikation zu Erfahrungen mit Augensteuerungen. In: Zeitschrift für Heilpädagogik 1/2016, S. 16-28.

2015
Gerhard Knorz, Maxine Saborowski, Anna Lena Grans, Ingrid Kollak: „Entschleunigte Kommunikation oder beschleunigtes Missverstehen? In: alice – das Hochschulmagazin der ASH Berlin Nr. 29/2015, S. 57-59.

Maxine Saborowski, Claudia Nuß, Ingrid Kollak: „Taking a closer look at user-technology relationships: a network model“. In: Monika Gross, Sebastian von Klinski (Hrsg.): Research Day 2015 „Stadt der Zukunft“, Tagungsband 21.04.2015 der Beuth Hochschule Berlin. Berlin: Mensch und Buch Verlag 2015, S. 125-129.

Maxine Saborowski, Anna Lena Grans, Ingrid Kollak: „Wenn Blicke die Kommunikation steuern – Beobachtung einer Augensteuerung im Alltag.“ In: Gabriela Antener, Anja Blechschmidt, Karen Ling (Hrsg.): UK wird erwachsen. Initiativen in der Unterstützten Kommunikation. Karlsruhe, von Loeper 2015, S. 370-383.

Maxine Saborowski, Ingrid Kollak: „How do you care for technology?“ – Care professionals‘ experiences with assistive technology in care of the elderly. In: Technological Forecasting & Social Change Vol 93(2015), pp. 133-140 (DOI: 10.1016/j.techfore.2014.05.006).

2014
Claudia Nuß, Maxine Saborowski: „Neue Hilfsmittel in der Unterstützten Kommunikation. Das Forschungsprojekt EyeTrack4all stellt sich vor.“ In: alice – das Hochschulmagazin der ASH Berlin Nr. 27/2014, S. 38.

Maxine Saborowski, Claudia Nuss, Ingrid Kollak: „How to conceptualise AAC user-technology relationships: a study on eye control“. Postervortrag (Nr. 429) auf der ISAAC-Konferenz in Lissabon, Portugal, 22.07.2014.
(Tagungsband hat keine ISBN/ISSN)
Maxine Saborowski: „Vier Augen sehen mehr: Das Kooperationsprojekt EyeTrack4all präsentiert erste Ergebnisse In: alice – das Hochschulmagazin der ASH Berlin Nr. 28/2014, S. 53.

Schlagworte: Unterstützte Kommunikation (AAC), Augensteuerung, Unterstützungstechnologie

Kontakt:

Prof. Dr. Ingrid Kollak

Professorin für Pflegewissenschaft

Raum 409

Sprechzeiten nach Vereinbarung

T +49 30 99245-409

Ingrid Kollak

Zurück zu: Projektarchiv