Weltweit wird jedes Jahr am 20. November, dem Transgender Day of Remembrance, der Menschen gedacht, die trans*feindlicher Gewalt zum Opfer gefallen sind. Auch die Alice Salomon Hochschule Berlin setzte heute ein deutliches Zeichen, um an die Betroffenen und die Opfer von Trans*feindlichkeit zu erinnern.
Beim Hissen der Trans*- und Progress-Flagge vor dem Hauptgebäude der ASH Berlin verlas Peps Gutsche vom Arbeitsbereich Intersektionale Praxis und Transformation (InPuT) folgendes Statement:
"Wir sind heute hier versammelt, um zu gedenken. Um innezuhalten. Um zu erinnern an die trans*, nicht-binären und agender Personen, die durch Gewalt, Hass und Diskriminierung ihr Leben verloren haben. Am 20. November begehen trans* Communities weltweit den Trans Day of Remembrance – einen Tag, der 1999, ein Jahr nach der Ermordung der afroamerikanischen trans Frauen Rita Hester und Chanelle Picket ins Leben gerufen wurde. 26 Jahre später stehen wir hier und müssen feststellen: Die Gewalt hat nicht aufgehört. Sie hat zugenommen.
Das Trans Murder Monitoring Project hat in den vergangenen 17 Jahren mehr als 5.000 Morde dokumentiert – über 5.000 Leben, die durch trans*feindliche Gewalt ausgelöscht wurden. Fast 95% Prozent der Ermordeten waren trans Frauen oder transfeminine Personen – Femizide, die Misogynie und Trans*feindlichkeit verbinden. Über 90% Prozent waren Schwarze trans Personen oder trans Personen of Color. Die Morde an trans Personen geschehen, weil sie trans sind. Diese Gewalt ist das Ergebnis konzertierter Bemühungen von Anti-Gender- und menschenrechtsfeindlichen Bewegungen, die trans* Personen instrumentalisieren und verunglimpfen. Damit wollen Sie ihre antidemokratische politische Agenda durchzusetzen.
Das europäische RESIST-Projekt hat in einer umfassenden Studie über neun Länder hinweg die Mechanismen dieser Anti-Gender-Mobilisierung analysiert. Ihr zentrales Ziel ist es, LGBTQIA+ Menschen, Feminist*innen und andere als Problem zu etablieren und eine Kontroverse um unser Leben und unsere Rechte zu schaffen. Transfeindlichkeit wird von Anti-gender Akteuren und der extremen Rechten strategisch genutzt, um sich in der Mitte der Gesellschaft zu verbreiten. Die Auswirkungen sind massiv: Die Betroffenen erleben soziale, wirtschaftliche und psychische Konsequenzen. Besonders betroffen sind Menschen mit mehrfachen Marginalisierungserfahrungen, denn die Angriffe treffen intersektional: rassifizierte Personen, Menschen aus der Arbeiter*innenklasse und Menschen mit multiplen marginalisierten Identitäten.
Und – das ist besonders alarmierend – oft treten Staaten und Institutionen nicht als Schützende auf, sondern als Akteure der Anti-Gender-Angriffe. Auf diesem Weg ein Shoutout an die über 200.000 Teilnehmenden der diesjährigen Budapest Pride, die sich einem Verbot in den Weg gestellt haben!
Wir brauchen sofortiges Handeln und fordern daher:
- Wirksamen Diskriminierungsschutz und eine Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes
- Barrierefreie Zugänge zu trans-spezifischer Gesundheitsversorgung
- Bildung und Aufklärung über geschlechtliche Vielfalt
- Humanitäre Visa für trans Personen, die in ihren jeweiligen Staaten verfolgt und diskriminiert werden. Bring them here!
Falls es noch nicht klar ist: Trans* Rechte sind Menschenrechte. Und Menschenrechte sind nicht verhandelbar.
Wir dürfen nicht zulassen, dass es einen gesellschaftlichen Bruch gibt. Wir müssen verhindern, dass die Strategie der extremen Rechten aufgeht, Rassismus und Trans*feindlichkeit als Einfallstor für die Erosion aller Menschenrechte zu nutzen.
An die trans*, nicht-binären und a gender Personen hier. Ihr seid nicht allein. Wir sehen euch. In eurer Schönheit und eurem Struggle. Eure Leben sind wertvoll. Eure Existenz ist nicht verhandelbar. Wir stehen an eurer Seite. Und wir werden nicht aufhören zu kämpfen, bis alle trans* Menschen sicher und in Würde leben können.
Heute gedenken wir der Toten. Morgen kämpfen wir für die Lebenden."
