Seit nunmehr 111 Jahren nutzen Feminist_innen weltweit den Internationalen Frauen*kampftag, um auf Missstände hinzuweisen, gesellschaftliche Veränderung einzufordern und bereits Erreichtes zu feiern. Und erreicht wurde bereits viel. Frauen* dürfen heute (hierzulande) selbstverständlich wählen und Ämter bekleiden, die Arbeitsbedingungen haben sich sehr verbessert und die Gleichstellung von Frauen und Männern ist verfassungsrechtlich garantiert. Doch auch heute und hier ist nicht alles perfekt und feministische Kämpfe sind nach wie vor notwendig.
Seit über 20 Jahren stagniert der Anteil von Frauen* unter den Mitgliedern des Deutschen Bundestags bei nur rund einem Drittel. Gleichzeitig sitzt mit der AfD bereits in der zweiten Legislaturperiode eine Partei im Bundestag, die offen und aggressiv eine antifeministische, queer- und transfeindliche, rassistische und letztlich antidemokratische Politik betreibt.
Frauen* leisten weiterhin den Großteil der Care- und Sorgearbeit und verdienen nach aktuellen Zahlen des statistischen Bundesamtes durchschnittlich noch immer 18 % weniger als ihre männlichen Kollegen. Rechnet man den Prozentwert in Tage um, arbeiten Frauen* 66 Tage, vom 1. Januar bis zum 07. März 2022, umsonst. Um auf diesen Missstand hinzuweisen und um für die gleiche Entlohnung von Frauen* einzutreten, findet am 7. März der diesjährige Equal Pay Day statt.
Die Corona-Pandemie hat die geschlechtsspezifisch ungleiche Verteilung von Care- und Sorgearbeit durch Home-Office-Regelungen und Lockdowns noch weiter verstärkt. Zusätzlich hat die Pandemie weltweit zu einem Anstieg von Gewalt gegen Frauen geführt. Laut Oxfam Deutschland ist die Zahl der Anrufe bei Hilfshotlines in zehn untersuchten Ländern signifikant gestiegen.
Auch die immer sichtbarer und spürbarer werdenden Auswirkungen der Klimakrise treffen Frauen* (und Kinder) ungleich härter als Männer*. Insbesondere in den vom Klimawandel schon jetzt besonders stark betroffenen Regionen der Erde. Die Wahrscheinlichkeit bei einer Naturkatastrophe zu sterben, ist für Frauen* und Kinder 14-mal höher als für Männer*. Sie werden später gewarnt, können seltener schwimmen und müssen sich auf der Flucht um Angehörige kümmern.
All diese gesellschaftlichen Ungleichheitsverhältnisse bzw. die bestehenden Machtverhältnisse treffen marginalisierte Frauen* noch stärker - Frauen* of Color und Migrantinnen*, arme Frauen*, jüdische Frauen, trans Frauen, Frauen* mit Behinderungen und/oder chronischen Erkrankungen. Intersektionale Verschränkungen führen dabei zu spezifischen Herausforderungen und Problemen, die es gesamtgesellschaftlich anzugehen gilt. Feministische Gleichstellungspolitik kann so nicht getrennt gesehen werden von anderen sozialen Kämpfen um Sichtbarkeit, Anerkennung und Teilhabe.
In diesem Jahr begehen wir den Internationalen Frauen*kampftag während auf die Ukraine, deren Grenze gerade einmal 800 km von Berlin entfernt ist, ein brutaler und völkerrechtswidriger Angriffskrieg verübt wird, dem in nur wenigen Tagen tausende Menschenleben zum Opfer gefallen sind und der Millionen Menschen zur Flucht zwingt. Wir als Frauen*büro der Alice-Salomon-Hochschule Berlin fordern ein sofortiges Ende aller militärischen und gewalttätigen Auseinandersetzungen. Inzwischen mehren sich die Berichte über Diskriminierungen, Abweisungen und sogar Gewalt durch Grenzbeamte gegen Menschen, die als nicht weiß gelesen werden. Wir fordern daher die Aufnahme ALLER Flüchtenden aus der Ukraine und ALLER Menschen auf der Flucht an den Außengrenzen der Europäischen Union. Jeder Mensch hat ein Recht auf Schutz vor Kriegen, Vertreibung, Gewalt und jeder Form von Not.
Wir rufen daher in diesem Jahr für den 8. März und an allen anderen Tagen dazu auf, auf die Straße zu gehen und zu demonstrieren: Für Frieden in der Ukraine und weltweit! Für Solidarität mit allen Geflüchteten und Schutzsuchenden überall! Gegen Rassismus und rassistische Grenzpolitik! Für eine bessere Zukunft für alle!