Gesundheit, Studium Primärqualifizierender Studiengang Physio- / Ergotherapie feiert 10. Geburtstag

Studiengangsleitung formuliert dringende Wünsche an Politik: zukunftstragende Berufsgesetze, Vollakademisierung und gesicherte Finanzierung

Die Veranstaltung wurde aufgezeichnet und kann unter https://mw.ash-berlin.eu/10-jahre-pqs/ angesehen werden.

Am 19. November 2021 feierte die primärqualifizierende Studienform (PQS) des Studiengangs Physio-/Ergotherapie ihr 10-jähriges Jubiläum mit einer digitalen Feier. Den Anfang machten die Grußwortredner_innen Prof. Dr. Bettina Völter, Rektorin der ASH Berlin, Gaby Siegmann, Christina Ovesiek und Heike Fadeni-Biessei, Schulleiterinnen und Vorständin des Kooperationspartners Wannseeschulen, sowie Sebastian Fischer, Leiter des Referats für Berufs- und Kammerrecht der Gesundheitsberufe.

Anschließend stellte Prof. Dr. Eva Maria Beck den Weg der Akademisierung dar und Absolvent_innen des primärqualifizierenden Studiengangs Physio-/Ergotherapie berichteten von ihren Erfahrungen in Studium und Beruf.

Als 2011 die ersten Physio- und Ergotherapiestudierenden an der ASH Berlin ihr Studium begannen, war der Studiengang neben der Hochschule Bochum ein Novum an öffentlichen Hochschulen in Deutschland. Alles begann mit der Modellklausel in den Berufsgesetzen der Therapeut_innen, die ab 2009 auch ein Studium als Möglichkeit zur Berufserlangung legalisierte. Wenige Hochschulen in Deutschland gingen diesen Weg, evaluierten neue Studiengänge in aufwendiger Weise und konnten gute Evaluationsergebnisse präsentieren. Dennoch wurde die Modellklausel bis 2020 und nach einer weiteren Evaluationsphase ein zweites Mal verlängert, diesmal bis 2024. Anders als im Ausland ist der politische Wille, die Akademisierung der Therapieberufe in Deutschland voranzutreiben, wenig durchschlagend. Dieser Umstand steht zahlreichen Empfehlungen von Expert_innen entgegen, z.B. des Wissenschaftsrates, der Hochschulrektorenkonferenz oder dem Bündnis Therapieberufe an Hochschulen, die alle auf die Notwendigkeit hinweisen, primärqualifizierende Studiengänge einzuführen.

Heute geht es nicht mehr darum, ob akademisiert wird, sondern in welchem Maße und in welcher Studienform. Die sogenannte Vollakademisierung meint einen Systemwechsel der Ausbildung von Therapeut_innen von Berufsfachschulen zur hochschulischen Ausbildung: Ein im internationalen Vergleich konsequenter Weg um den enormen Anforderungen der alternden und multimorbiden Gesellschaft an Therapeut_innen durch entsprechenden Kompetenzerwerb gerecht zu werden. Die Teilakademisierung hingegen meint die anteilige Akademisierung und geht mit einer weiteren Spaltung der Berufsgruppen in unterschiedliche Ausbildungslevel einher.

Aber der Weg des primärqualifizierenden Studiengangs Physio-/Ergotherapie endet nicht hier. Das Geburtstagskind hat Wünsche: es braucht Planungssicherheit und Anerkennung der Vorarbeiten. Deshalb fordern wir:

  • Neue zukunftstragende Berufsgesetze: Das Bundesministerium für Gesundheit muss die gesetzlichen Grundlagen für die Berufe Physiotherapie und Ergotherapie neu ordnen und verlässlich regeln.
  • Die Umsetzung der Vollakademisierung: Die Berufsverbände, die Hochschulen und die Hochschulrektorenkonferenz setzen sich für eine Vollakademisierung durch Primärqualifikation der Therapiefachberufe ein. Ziel ist es, eine moderne evidenzbasierte, innovative, interdisziplinäre und kompetente Gesundheitsversorgung aller Bürger_innen zu gewährleisten und die internationale Anschlussfähigkeit sicherzustellen.
  • Eine auskömmliche Finanzierung des Studiums: z.B. durch innovative Mischfinanzierung, bei der Bildung (Berliner Senat für Wissenschaft) und Gesundheit (Berliner Senat für Gesundheit, Krankenkassen) die Finanzierung der akademisierten Gesundheitsstudiengänge gemeinsam tragen.