Hochschulleben Rückblick auf die Alice Salomon Poetik Vorlesung 2023 mit Maxi Obexer

Die Südtiroler Theaterautorin und Schriftstellerin wurde im Januar 2023 mit dem Alice Salomon Poetik Preis ausgezeichnet

Maxi Obexer steht auf der Bühne im Audimax der ASH Berlin. Sie steht hinter einem Pult und trägt ihre Vorlesung vor.
Maxi Obexer betonte die Wichtigkeit des Alice Salomon Poetik Preises, der der Vielfalt der Formen gewidmet ist.

Am Donnerstag, den 14. Dezember 2023, fand im Audimax der Hochschule ein literarischer Abend mit Maxi Obexer statt. Die Südtiroler Theaterautorin und Schriftstellerin, der Anfang des Jahres der Alice Salomon Poetik Preis verliehen wurde, hielt eine Vorlesung mit dem Titel „Vom Geisterschiff zu den Illegalen Helfern - und von Menschen über Tiere. Wie die Wirklichkeit es verlangt, sich in verschieden literarischen Formen mit ihr zu befassen.“

Obexer betonte zunächst die Wichtigkeit des Alice Salomon Poetik Preises, der der Vielfalt der Formen gewidmet ist. „Der Poetik-Preis der Alice Salomon Hochschule ist mit seinem wertschätzenden Bezug auf die Vielfalt der literarischen Formen, in der sich eine Autor:in ausdrückt, eine Seltenheit. Denn meist werden Künstler:innen gewürdigt, die sich besonders in einer Kategorie verdient gemacht haben - in der Lyrik, in der Dramatik, im Essay, im Roman. Der Alice Salomon Preis hingegen hebt mit seiner Ausrichtung die Bedeutung der Suche nach der Form hervor, mit der sich Wirklichkeit übersetzen lässt (…).“

Danach stellte Obexer eine Auswahl ihrer unterschiedlichen Werke und Formen vor, z.B. „Das Geisterschiff“, dessen Ursprung in einer Zeitungsnotiz in der Süddeutschen Zeitung aus dem Jahr 2001 begründet war. „Ein Fischkutter war mit fast dreihundert Menschen an Bord untergegangen. Das Unglück war fünf Jahre von der italienischen Regierung geheim gehalten - und geleugnet worden. Es handele sich, so hieß es von der italienischen Regierung, um ein nave fantasma - ein Geisterschiff, das nur in den Köpfen der Menschen herumspuke, als nicht existierte. Bis die Identitätskarte eines 16jährigen Jungen - Anpalagan Ganeshu aus Sri Lanka, die im Fischernetz gefunden und der Tageszeitung „La Repubblica" übergeben worden war, den Beweis erbrachte. Die Bilder vom Wrack des Bootes auf dem Meeresgrund gingen um die Welt.“

Aus einer längeren Recherche vor Ort in Portopalo auf Sizilien, bei der Obexer mit Fischern, Dorfbewohnern und dem Bürgermeister sprach, entstand zunächst ein Hörspiel und später ein Theaterstück. Die Gespräche in Portopalo weckten in Obexer den Wunsch, sich mit Menschen auszutauschen, die „sich der Kriminalisierung von Seenotrettung entgegensetzten, oder die allgemein Hilfe anboten für die, für die keine Hilfe vorgesehen ist - wie Staatenlose.“ Aus diesen vielen Gesprächen entstand das Hörspiel „Illegale Helfer“.

In der Poetik Vorlesung ging Maxi Obexer auch auf ihre Essays „Europas längster Sommer“, „Die längste Liebesgeschichte der Menschheit“, „Über Tiere schreiben / über Tiere sprechen“ und das Hörspiel „Mit Tieren gehen“ ein. Ihr neuestes Werk: Der Roman „Unter Tieren“, in dem es um die tiefe Verbundenheit zwischen Mensch, Tier und Natur geht.

„Warum all diese Formen, um am Ende einen Roman zu schreiben. Genau deshalb: um am Ende einen Roman zu schreiben, bei dem sich erzählt, was ich vorher in den literarischen Formen, die sich dafür besonders anbieten, gedanklich verarbeiten musste. Um sie, die gedanklichen Setzungen und Prämissen, in die literarische Wirklichkeit zurückzulenken - sie zurückgesetzt einzusetzen. Um am Ende „einfach“ zu erzählen. Damit scheint alles gesagt“, so Maxi Obexer am Ende ihrer Vorlesung.  

Rektorin Bettina Völter unterstrich die Relevanz der Poetik Vorlesung für alle Hochschulangehörigen: „Wir alle haben in unserem Alltag mit Worten zu tun, mit Wortspielen, Diskursen, Wortfindungen, die genau das ausdrücken sollen, was uns bewegt, was uns voranbringen soll, was wir auf den Punkt bringen wollen, womit wir uns auch als Hochschule zeigen wollen."

Die Preisträgerin
Maxi Obexer ist in Südtirol geboren und lebt in Berlin. Sie bedient verschiedene Genres und macht sich vor allem für Gegenwartsdramatik stark, z.B. gründete sie mit Sasha Marianna Salzmann das Neue Institut für Dramatisches Schreiben. Sie ist eine erfahrene Dozentin und hoch politische Autorin, die sich vor allem mit den Themen Flucht und Migration beschäftigt. Ihr Theaterstück und Hörspiel „Illegale Helfer“ wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Für ihren autobiografischen Roman „Europas längster Sommer“ wurde Obexer für den Bachmannpreis nominiert. Anfang März erscheint ihr neuer Roman „Unter Tieren“ im Verlag Weissbooks. Darin geht es um die tiefe Verbundenheit zwischen Mensch, Tier und Natur.

Im Januar 2023 erhielt Maxi Obexer den Alice Salomon Poetik Preis. Die Jury würdigte sie dabei als Autorin die „ein breit gefächertes Spektrum an Ausdrucksweisen beherrscht, die ihrerseits viele Spielräume der Interpretation offen lassen. Obexer schreibt überraschend, verspielt und zugleich schmerzhaft. In dieser Unberechenbarkeit liegt das Poetische ihres Schaffens, das den Geist und die Zielsetzung des Alice Salomon Poetik Preises ausgezeichnet trifft.“

Zur Aufzeichnung der Poetik Vorlesung mit Maxi Obexer