Abschlussfeier des MA PSP im WiSe 23/24
Am 06.10.23 fand die jährliche Abschlussfeier des Masterstudiengangs „Praxisforschung in Sozialer Arbeit und Pädagogik“ statt. Die Studiengangsleitung und -koordination verabschiedete 16 Absolvent*innen aus dem Wintersemester 2022/23 sowie dem Sommersemester 2023. Neben Getränken und einem ansprechend angerichtetem Buffet gab es gute Gespräche und Verabschiedungen. Sowohl Prof. Dr. Esther Lehnert als auch die Prorektorin Prof. Dr. Anja Voss begleiteten den Abend mit einer Abschlussrede. Höhepunkt des Abends war die Rede der Absolventin Pelin Sor. Wir danken allen Absolvent*innen und Gästen für den gelungenen Abend und freuen uns darauf, die neuen Absolvent*innen zur nächsten Abschlussfeier am 11.10.24. begrüßen zu dürfen.
Nachfolgend finden Sie die Rede der Absolventin Pelin Sor.
Für den Studiengang MA PSP
Luzi Beyer, Esther Lehnert, Mario Feist und Sebastian Koch
Liebe Dozent*innen, Professor*innen, Lehrbeauftragte, Familien, Freunde und Absolvent*innen:
Herzlich Willkommen, auch von mir.
Mein Name ist Pelin Sor und ich habe den Masterstudiengang „Praxisforschung in Sozialer Arbeit und Pädagogik“ studiert. Leider über die komplette Corona Zeit hinweg. Das heißt ich saß die letzten Jahre, wie wahrscheinlich fast alle Anwesenden, am Laptop.
Deshalb habe ich etwas mitgebracht, das einen Bildschirm-Rahmen darstellen soll: einen Zollstock, in Form eines Rechtecks, in der Hoffnung, dass ihr mich dadurch wiedererkennen könnt.
Wir Absolventinnen dachten, wir würden diesen Tag nie erleben. Wir haben gehofft, einige haben gebetet und wieder andere haben viel meditiert. In der Hoffnung, dass dieser Tag bald anbricht, haben wir die Tage im Kalender ausgestrichen, die Stunden, die Minuten und Sekunden gezählt;
und nun, da er da ist, tut es mir leid. Deshalb trag ich auch heute schwarz.
Denn ich muss mich von Kommilitoninnen, die mir Inspiration waren und von Dozentinnen, die mir Mentorinnen waren, trennen. Es gibt hier so viele Menschen, die meine Lebenswelten und das meiner Mitabsolventinnen für immer geprägt haben.
Ich lebe in unterschiedlichen Welten. Die eine Welt war zuletzt eine virtuell-, und digital-lastige Welt mit Büchern und Texten. Angeleitet von Menschen, die trotz Corona-Umstand ihr Bestes gaben.
Hier ein kurzer Einblick, wie diese Reise sich für mich durch den Akademischen Dschungel angefühlt hat und welchen Dozentinnen ich dabei begegnen durfte. Begleitet mich jetzt auf eine fantasievolle Reise, wie das Studium in meinem Kopf stattgefunden hat.
Regina Rätz gab uns Lianen in die Hand und schwang sich mit uns durch den Dschungel der Praxisforschung. Durch den Dschungel schwingend stießen wir auf die Namensgeberin unserer Hochschule, Alice Salomon, die schon ein kleines Dorf aufgebaut hatte. Sie war grade dabei, weibliche Tierarten, die verlassen wurden, alleinerziehend oder überfordert waren, zu Unterstützen.
Dort entdeckten wir in einem Gebüsch Jennifer Hübner, die sich trotz Corona im Dschungel aufhielt und ethnografisch forschte. Beeindruckt von Alice Salomons Leistungen, verließen wir das Dorf mit Jennifer Hübner und gingen mit ihr raus auf die Pirsch, um zu verstehen, wo und wie sich die Tierart „Jugendliche“ in Zeiten von Corona aufhalten und verhalten.
Nicht weit von uns befand sich in unberührter Natur, Pia Block. Mit ihr betrachteten wir in einem Reservat die Lebenswelt der ungleichen Kindheiten. Dabei fragten wir uns, wie die Perspektiven auf Bildungs- und Teilhabechancen in pädagogischen Institutionen wohl aussehen würden, wenn es denn eine gäbe.
Unten am Fluss stießen wir auf Benjamin Fuchs. Mit ihmbegaben wir uns auf das Spurenlesen der gefürchteten Hieroglyphen der quantitativen Studien. Trotz schweren Witterungsverhältnissen schafften wir es mit seiner Unterstützung sie letztendlich doch zu entziffern.
Gesine Bär entdeckten wir im tropischen Regenwald. Dort saß sie mit unterschiedlichen Tieren in einem Stuhlkreis und forschte mit ihnen partizipativ. Wir durften uns dazusetzen und mit den Tieren sprechen. Sie erzählten uns, dass sie von anderen Tieren diskriminiert werden.
Mit Zara Büsse und Tanja Abou saßen um ein Feuer herum, als wir sie das erste Mal trafen. Wir gesellten uns zu ihnen und reflektierten die partizipative Forschung mit Gesine Bär. Wir fragten uns, wie es für uns war, einen intersektionalen Zugang zum Thema Gruppen und Diskriminierung zu bekommen.
Von Johanna Kaiser lernten wir auf einem Baum sitzend mit einer Kamera in der Hand kennen. Sie interessierte sich für die sozialkulturelle Arbeit und kulturelle Bildung der Tiere. Sie erlaubte uns, uns mit ihr auf die Lauer zu legen und mit ihr filmisch zu forschen.
Zurück im Dorf angekommen, erblickten wir ein neues Gesicht: Holger Braun.Er brachte uns bei, unsere Abenteuerreise im Dschungel mithilfe des Handwerks und der Kunst des wissenschaftlichen Schreibens, niederzuschreiben.
Abschließend entdeckten wir Esther Lehnert. Sie lag unter einem Sternenhimmel. Wir gesellten uns zu ihr und stellten uns gemeinsam Fragen an die zukünftige Praxisforschung.
Es war ein großes Abenteuer. Als wir den Dschungel gerade verlassen wollten, sollten wir noch die letzte Aufgabe meistern. Nämlich eine Masterarbeit schreiben… Inspiriert von den Erlebnissen und Gesprächen mit Alice Salomon im Dorf-Dschungel, fragte ich mich mit den Dschungelbewohnerinnen Luzi Beyer und Annina Fischer, ob die Bedürfnisse von Frauen* in heterosexuellen Beziehungen nun erfüllt sind?
Was meint ihr dazu? Kurzes Handzeichen, wer glaubt, dass die Bedürfnisse von Frauen* in heterosexuellen Beziehungen erfüllt sind?
Die Person, die sich grad gemeldet hat kommt bitte nach meiner Rede zu mir. Auch Interessant, dass sich eine männlich gelesene Person gemeldet hat.
Der Dschungel ist eine beglückende Welt, aber da ist noch eine andere Welt -diese Welt wird von Personen bevölkert, die zwar nicht mit Lianen schwingen, aber umso wirklicher für mich sind. Menschen voller Liebe und Wärme - die mich stets bei der außergewöhnlichen Herausforderung unterstützten, einen Masterabschluss während der Corona Zeit, zu erreichen.
Einige von ihnen sitzen heute hier:
Robert Schmidt, zum Beispiel, ein ganz besonderer Weggefährte, der mich in jeder Hinsicht begleitete und mich während der Masterarbeit unterstützte, während ich die verloren gegangene Motivation suchte, mir half sie wiederzufinden.
Oder Murat Alkan und Nadine Joudi. Zwei warmherzige und gütige Menschen, die mir in der Corona-Zeit zwei Säulen waren, an die ich mich in guten und schlechten Zeiten lehnen konnte.
Oder mein bester Freund Simon Paulus, der heute Abend leider nicht hier sein kann, aber als ich ihn gebraucht habe, sein Leben anhielt, um mich dabei zu unterstützen mein Leben wieder in die Hand zu nehmen und meine Ziele zu erreichen.
Auch mein Onkel Yusuf Kasilmis war mir stets ein Rückhalt. Der mir schulisch wie auch familiär von Anfang bis heute ein Mentor ist und mich stets in meinen Lebensentscheidungen bestärkte und unterstützte.
Oder Elif Bas, zu Beginn nur eine Kommilitonin und heute Abend nicht nur ebenfalls Absolventin, sondern auch eine Freundin, die ich online und offline kennen und lieben lernen durfte.
Allerdings waren mein größtes Glück und meine allergrößten Inspirationen zwei Frauen.
Der einen Frau habe ich es zu verdanken, dass ich in diesem Land geboren und aufgewachsen bin: Meine Oma Meryem Kasilmis.
Denn sie war mutig genug, ohne die deutsche Sprache zu können, in ein fremdes Land zu kommen, sich hier als Gastarbeiterin eine zweite Heimat aufzubauen und damit uns, den folgenden Generationen, ein neues Zuhause zu schaffen.
Die andere Frau hat mir meinen Namen gegeben und mich zur Welt gebracht: Hediye Sor. Meine Mutter hat mir nie gesagt, ich könne nicht tun, was ich mir wünsche oder nicht der Mensch sein, der ich sein möchte. Immer hat sie unser Zuhause mit Liebe, Wärme, Musik und unsere Bäuche mit gutem Essen gefüllt. Durchgängig sorgte sie dafür, neben ihrem Vollzeit Job als Krankenschwester und der anfallenden Care-Arbeit Zuhause, dass es mir und meiner Schwester an nichts fehlte.
All diese wundervollen und klugen Menschen haben mich inspiriert, motiviert, begleitet und unterstützt. Ohne sie wäre ich, als Arbeiter*innen-Kind mit Migrationsgeschichte und erste Akademikerin in der Familie, heute nicht hier.
Deshalb möchte ich die Gelegenheit nutzen und euch allen meinen herzlichsten Dank aussprechen:
Und Elif? Die Versagensängste und schlaflosen Nächte sind endlich vorbei, Wir haben es geschafft!
(Akardemiker*innenhut aufsetzten)
Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit und damit eure mir geschenkte Zeit