Weltweit wird jedes Jahr am 25. November, dem Internationale Aktionstag zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen, an alle Frauen, trans*, inter und nicht-binären Personen erinnert, die patriarchale Gewalt erlitten haben. Auch die Alice Salomon Hochschule Berlin setzte heute ein deutliches Zeichen, um an die Betroffenen und die Opfer patriarchaler Gewalt zu erinnern.
Beim Hissen der Berliner Anti-Gewalt-Flagge vor dem Hauptgebäude der ASH Berlin verlas die Frauen*- und Gleichstellungsbeauftragte Nina Lawrenz folgendes Statement:
„Heute, am 25. November, dem Internationalen Tag gegen patriarchale Gewalt, erinnern wir an alle, die patriarchale Gewalt erleben und überlebt haben und an jene, die ihr zum Opfer gefallen sind. Dieser Tag mahnt uns: Gewalt gegen FLINTA-Personen ist keine Randerscheinung. Sie ist ein strukturelles Problem. Sie wurzelt in ungleichen Machtverhältnissen, in einem System, das Abhängigkeiten schafft, Hierarchien festschreibt und Benachteiligung reproduziert.
Patriarchale Gewalt zeigt sich in vielen Formen: körperlich, psychisch, sexualisiert, ökonomisch. Besonders deutlich wird sie, wenn wir über Armut sprechen. Armut ist kein Zufall. Sie ist eng mit Geschlecht, Herkunft, Sorgeverantwortung und gesellschaftlicher Positionierung verknüpft. FLINTA-Personen mit geringem Einkommen sind überdurchschnittlich häufig von Gewalt betroffen. Und sie haben es zugleich besonders schwer, dieser zu entkommen.
Wer wenig Geld hat, kann nicht einfach eine andere Wohnung mieten. Wer von einem gewalttätigen Partner finanziell abhängig ist, kann sich oft keinen Rechtsbeistand leisten. Wer mit Kindern fliehen muss, steht vor der unmöglichen Aufgabe, Sicherheit, Wohnung und Existenz gleichzeitig zu sichern. Die Entscheidung, eine gewaltvolle Beziehung zu verlassen, ist also keine Frage des Mutes, sondern auch eine der materiellen Möglichkeiten. Deshalb müssen wir patriarchale Gewalt immer auch als soziale Frage begreifen.
Wir brauchen endlich ausreichende, verlässliche und unbürokratische Mittel für Hilfsangebote: Für Frauenhäuser, Schutzwohnungen, Nottelefone, psychosoziale Beratung und juristische Unterstützung. Wir brauchen Investitionen in Prävention, Bildung und Aufklärung. Wir brauchen Empowerment für FLINTA-Personen, sichere Räume, solidarische Strukturen und eine bessere Bezahlung von FLINTA, vor allem in den sozialen, pflegerischen und erzieherischen Berufen, in denen überwiegend Frauen arbeiten. Denn ökonomische Unabhängigkeit ist auch ein Schutzfaktor gegen Gewalt.
Und wir brauchen auch mehr Arbeit mit Täter_innen: konsequente Intervention, Verantwortung, Reflexion und Veränderung. Gewalt endet nicht, wenn nur die Betroffenen geschützt werden. Sie endet, wenn Täter_innen aufhören, sie auszuüben.
Was wir hingegen ganz sicher nicht brauchen, sind Kürzungen des Berliner Senats bei Projekten gegen Gewalt, gegen Armut und für Gleichstellung. Jede gekürzte Stelle, jede geschlossene Beratungsstelle, jedes gestrichene Förderprogramm bedeutet weniger Schutz für Betroffene. Und ebenso entschieden müssen wir uns dagegen stellen, dass patriarchale Gewalt von politischer Seite instrumentalisiert wird. Etwa, wenn der Bundeskanzler Gewalt gegen Frauen nutzt, um rassistische Ressentiments gegen Migrantisierte zu schüren. Gewalt kennt keine Herkunft. Aber Rassismus gefährdet Solidarität und verschiebt Verantwortung.
Patriarchale Gewalt ist kein Schicksal. Sie ist das Ergebnis gesellschaftlicher Strukturen und kann deshalb verändert werden. Der 25. November erinnert uns daran, dass diese Veränderung unsere gemeinsame Aufgabe ist: als Politik, als Institutionen und als Zivilgesellschaft.
Lasst uns solidarisch handeln. Für ein Leben frei von Gewalt, frei von Angst, frei von Abhängigkeit. Und so rufen wir auch in diesem Jahr wieder: Ni una menos – Nicht eine weniger! Wir stehen zusammen gegen patriarchale Gewalt.“

