Wissenschaftler_innen der Berliner Hochschulen für Kindheitspädagogik (EHB, ASH, KHSB) äußern in einer gemeinsamen Stellungnahme deutliche Kritik am neuen Entwurf des Berliner Bildungsprogramms (BBP) und am Beobachtungsverfahren BeoKiz. Sie sehen zentrale pädagogische Errungenschaften der vergangenen zwei Jahrzehnte in Gefahr.
Das BBP habe seit 2004 bundesweit Maßstäbe gesetzt und wesentlich zur Qualitätsentwicklung in der frühkindlichen Bildung beigetragen. Die Überarbeitung müsse sich an diesem hohen Standard messen lassen, betonen die Autor_innen. Statt Fortschritt drohe jedoch ein Rückschritt in entscheidenden Bereichen: „Der neue Entwurf verengt das Verständnis von Inklusion und löst sich von einem ganzheitlichen Bildungsansatz, der Kinder in ihrer Lebenswelt ernst nimmt,“ heißt es in der Stellungnahme.
Kritik an einem technokratischem Bildungsverständnis
Die Professor_innen kritisieren, dass der Entwurf ein enges Inklusionsverständnis zugrunde legt und auf den Begriff „Diversität“ verzichtet. Damit werde die Vielfalt kindlicher Lebenslagen – soziale Herkunft, Geschlecht, Sprache, Migration, Behinderung – nicht ausreichend berücksichtigt. Auch das im bisherigen BBP verankerte Verständnis von Bildung als ganzheitlichem Prozess gehe verloren.
Die Hochschullehrenden warnen, dass BeoKiz zu einer Standardisierung pädagogischer Praxis führen kann. Trotz der Betonung von Ressourcenorientierung droht in der Umsetzung eine Defizitorientierung durch den Fokus auf noch nicht erreichte Kompetenzen. Zudem könnte die vergleichende Beobachtung zur Früherkennung von Risiken die prozess- und merkmalsorientierten Anteile des Verfahrens verdrängen.
Forderung nach partizipativer Weiterentwicklung
Die Unterzeichnenden fordern eine Rückkehr zu den Grundprinzipien des bisherigen Bildungsprogramms in Verbindung mit einem ganzheitlichen und inklusiven Bildungsverständnis. Zudem solle die Überarbeitung des BBP partizipativ und wissenschaftlich begleitet erfolgen – unter Einbeziehung kindheitspädagogischer Expertise. Nur so könne Berlin seine Vorreiterrolle in der frühen Bildung wahren.
Kontakt:
Für den Studiengang Kindheitspädagogik an der Katholischen Hochschule für Sozialwesen:
Prof. Dr. Antje Rothe, Studiengangsleitung und Professorin für Kindheitspädagogik
Antje.Rothe@ KHSB-Berlin.de
Für den Studiengang Kindheitspädagogik – berufsintegriert an der Alice Salomon Hochschule Berlin:
Prof. Dr. Rahel Dreyer, Studiengangsleitung und Professorin für Pädagogik und Entwicklungspsychologie der ersten Lebensjahre
dreyer@ ash-berlin.eu
Für den Studiengang Erziehung und Bildung in der Kindheit an der Alice Salomon Hochschule Berlin:
Prof. Dr. Christian Widdascheck, Studiengangsleitung und Professor für elementare ästhetische Bildung
widdascheck@ ash-berlin.eu
Für den Studiengang Kindheitspädagogik an der Evangelischen Hochschule Berlin:
Prof. Dr. Petra Völkel, Studiengangsleitung und Professorin für Grundlagen der Entwicklungspsychologie/Klinischen Psychologie und Elementarpädagogik
petra.voelkel@ eh-berlin.de

