Wie Demokratieentfremdung entsteht – das Beispiel Marzahn-Hellersdorf

Größere Gruppe demokratieentfremdeter Menschen in MaHe; Jugendliche leben größtenteils gerne im Bezirk

Forscher der Alice Salomon Hochschule haben heute ihren Zwischenbericht (hier: Download) zur Entwicklung demokratieferner Einstellungen am Beispiel Marzahn-Hellersdorf vorgestellt. Der Bezirk Marzahn-Hellersdorf gilt als Paradebeispiel für die Entwicklung von Demokratieferne. Rechtsextreme, antidemokratische und rassistische Vorfälle im Bezirk unter anderem im Zusammenhang mit den Unterkünften für geflüchtete Menschen gaben Anlass, dieses Forschungsprojekt zu initiieren.

Das Projekt "Demokratieferne Einstellungen in einer Kommune. Das Beispiel Marzahn-Hellersdorf" erforscht Ursachen und erarbeitet Handlungsempfehlungen für Parteien und politische Organisationen. Der jetzt vorgestellte Zwischenbericht gibt im Vorfeld der Bundestagswahlen im September 2017 wertvolle Hinweise zur Entstehung demokratieferner Einstellungen und zeigt konkrete Maßnahmen auf.

So wurden in der Studie sieben Gruppen identifiziert, die von Unterstützern über kritische Demokraten, Entfremdete bis zu Demokratiefeinden reichen. Die Menschen, die diesen Gruppen zugeordnet werden können, sind mit unterschiedlichen Methoden für demokratische Beeinflussung erreichbar. Eine wichtige Grundlage zur Stärkung der Demokratie ist es, die demokratienahen Gruppen zu halten und zu stärken. 

Eine weitere, zentrale Erkenntnis des Zwischenberichts ist die Existenz einer größeren Gruppe sogenannter demokratieentfremdeter Menschen in Marzahn-Hellersdorf. Um sie zu erreichen, sind Wertschätzung und das Ernstnehmen ihrer Sorgen sowie spürbare Veränderungen in ihrer Lebensumgebung die Voraussetzungen. Demokratieentfremdung entsteht bei Menschen, die früher mehr oder weniger aktiv am demokratischen Leben teilgenommen haben. Durch ausgrenzende Erfahrungen, gesellschaftliche und politische Erschöpfung und Enttäuschungen sind sie, trotz ihrer Affinität zur Demokratie, aus dem demokratischen Leben ausgestiegen. 

Zusätzlich haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in einer ersten Befragung von Jugendlichen im Bezirk herausgefunden, dass nahezu die Hälfte der Jugendlichen glaubt, keine Einflussmöglichkeiten auf Politik zu haben. Zwei Drittel der Jugendlichen in Marzahn-Hellersdorf haben aber ein positives Lebensgefühl, der Hälfte gefällt es im Bezirk gut bis sehr gut und drei Viertel haben ein ausreichendes Haushaltseinkommen. Sie haben insgesamt ein positives Lebensgefühl - die Basis für demokratienahe Einstellungen. 

Das Projekt, das bis 2018 läuft, wird von der Lotto-Stiftung Berlin und der Friedrich-Ebert-Stiftung gefördert.