„Postkoloniale Kritik der Professionalisierung Sozialer Arbeit“
mit Prof. Dr. María do Mar Castro Varela
Selten wird Soziale Arbeit im Zusammenhang mit postkolonialer Kritik thematisiert. Doch es gibt viele Gründe, genau das zu tun. Denn nach wie vor tritt Soziale Arbeit nicht selten mit dem Ziel an, den ‚Armen‘ und ‚Geknechteten‘ zu ‚helfen‘ und sie auf den ‚richtigen Pfad‘ zu bringen. Es ist dies eine Geste, die auch der kolonialen Zivilisierungsmission in den englischen und französischen Imperien, aber auch den deutschen Kolonien, vorherrschend ist. Sie unterschlägt zum einen die Handlungsmacht der Marginalisierten und Unterdrückten und drückt diesen zum anderen die eigene, bürgerlich-europäische Lebensweise auf. Im Vortrag werden der koloniale Diskurs und der sozialarbeiterische Hilfediskurs gemeinsam betrachtet und die Folgen dieser für die heutige Soziale Arbeit dargelegt.
Anschließend laden wir zum vegetarisch/veganen Buffet ein.
Der Vortrag wird live gestreamt und kann via BigBlueButton verfolgt werden.
Das Projekt „Soziale Arbeit als koloniales Wissensarchiv“
Ein Geschichtslabor zum (post-)kolonialen Erbe Sozialer Arbeit als Modell historiographischer Lehrforschung
Die Entstehung der modernen Sozialen Arbeit als Beruf fiel mit der Zeit der formalen Kolonialherrschaft Deutschlands zusammen. Die unterschiedlichen Formen der Beteiligung Sozialer Arbeit an der Umsetzung kolonialer Herrschaft sind bisher noch nicht systematisch erforscht. Diese historischen Verflechtungen prägten die frühe Phase der Professionsentwicklung zutiefst. Daher ist es auch mit Blick auf die Gegenwart Sozialer Arbeit relevant danach zu fragen, wie dieses Verständnis von Sozialer Arbeit innerhalb der Profession tradiert wurde, ob und wie es gebrochen wurde bzw. welche Alternativen ihm entgegengesetzt wurden. Diesen Fragen geht das Alice Salomon Archiv der ASH Berlin gemeinsam mit dem Pestalozzi-Fröbel-Haus Berlin, der Universität Hildesheim, der Universität Marburg und der Hochschule Rhein-Main in einem BMBF-geförderten Forschungsprojekt mit einer Laufzeit vom 01.01.2023 - 31.12.2026 nach.
Im Projekt geht es insbesondere darum, die Rolle der Berliner Sozialarbeitsinitiativen im deutschen Kolonialismus aufzuarbeiten und Formen der (Re-)Produktion kolonialen und rassistischen Wissens in historischen Quellen der frühen Sozialen Arbeit zu analysieren. Ein Herzstück der Studie bildet eine Reihe von Lehrforschungsprojekten, die in Studiengängen der beteiligten Hoch- und Fachschulen durchgeführt werden. Darin werden die Quellenstudien mit Erhebungen zur kolonialrassistischen Gegenwart in (Sozial-)Pädagogik und Sozialer Arbeit ergänzt und die Erkenntnisse dieser Untersuchungen zueinander in Beziehung gesetzt.
Eine ausführliche Projektbeschreibung, sowie eine Übersicht über Daten, Publikationen und Veranstaltungen rund um das Projekt sind auf der Seite des Alice Salomon Archivs zu finden.