„Der Osten“ taucht in den Medien immer noch oft negativ auf, sei es aufgrund von Wahlergebnissen, Gewaltvorfällen oder vermeintlicher Rückschrittlichkeit. Gleichzeitig gibt es in wissenschaftlichen Debatten eine vielfältigere Einschätzung der aktuellen Entwicklungen Ostdeutschlands und auch Bucherscheinungen der letzten Jahre haben mehr ostdeutsche Stimmen und Perspektiven beleuchtet. Nicht zuletzt haben ostdeutsche Aktivitst:innen, Bürger:innen und solidarische Unterstützer:innen mit ihren Aktivitäten gezeigt, dass zwischen Ostsee und Thüringer Wald mehr passiert, als die Klischees vermuten lassen. Wir wollen ausgehend vom Vorschlag des Soziologen Steffen Mau, den Osten als „Labor der Partizipation“ zu betrachten, verschiedene Erfahrungen mit Beteiligung und Gesellschaftsgestaltung beleuchten: Ist „der Osten“ vielleicht sogar ein Vorreiter für neue Partizipationsformen? Was nehmen wir aus dem Gespräch für unsere Praxen in Marzahn-Hellersdorf mit?
- Johanna Balsam berichtet von den Aktivitäten von Polylux e.V. – Solidarisches Netzwerk für den anderen Osten,
- Corinna Genschel gibt einen Einblick zum Engagement des Ratschlags Solidarischer Osten, und
- Lutz Brangsch erzählt von den Bemühungen um einen Bürgerhaushalt in Berlin Lichtenberg.
Eine Veranstaltung im Rahmen des Werkstattseminars „Politische Bildung ist nicht neutral! - Solidarische Praxen für eine demokratische Alltagskultur“ unter der Leitung von Miriam Pieschke und Elène Misbach in Kooperation mit dem Campus Transferale Pilotprojekt Community Spaces.
Über die anwesenden Projekte und Netzwerke
Polylux e.V. – Solidarisches Netzwerk für den anderen Osten
Es gibt den anderen Osten. An vielen Orten setzen sich Menschen für eine starke Zivilgesellschaft ein. Netzwerk Polylux hat sich 2018 gegründet und unterstützt Vereine, Initiativen und Projekte der kritischen Zivilgesellschaft im ländlichen Raum in Ostdeutschland vor Allem finanziell durch unbürokratische Umverteilung und Spenden, auch jenseits von Gemeinnützigkeitsauflagen.
Wer steht hinter Polylux? Polylux, das sind eine kleine Gruppe von ehrenamtlich arbeitenden Menschen aus Berlin, Leipzig und Dresden, und anderen ostdeutschen Orten. Wir sind weggegangen, geblieben oder neu dort hingezogen. Was im Osten passiert, geht uns nah. Und diejenigen, die sich in kleineren Orten den rechten Menschenfeinden entgegenstellen, sind uns nicht egal. Bei Polylux arbeiten wir alle ehrenamtlich. Mehr Infos: www.polylux.network/de
Ratschlag Solidarischer Osten
Der Ratschlag des Solidarischen Ostens ist 2021 als Vernetzung ostdeutscher Vereine und Initiativen im damaligen #unteilbar-Bündnis entstanden. Unteilbar hat sich inzwischen aufgelöst, das Netzwerk ist aber weiterhin aktiv und schreibt in seinem Gründungsaufruf: "Wir wissen: Den einen Osten gibt es nicht – einen Solidarischen Osten gibt es gewiss. Wir stehen für einen gesellschaftlichen Aufbruch, der die Zukunft solidarisch gestalten will. Denn gerade hier im Osten entscheidet sich, in welche Richtung sich unsere Gesellschaft entwickelt: Erringen nationalistische und menschenfeindliche Akteure fortschreitend Einfluss auf das Regierungshandeln? Nimmt die Ungleichheit der Lebensverhältnisse noch weiter zu? Deshalb gilt es all diejenigen Menschen und Initiativen zu unterstützen, die sich seit Jahrzehnten für eine offene und freie Gesellschaft einsetzen. Zusammen und #unteilbar machen wir uns stark für Vielfalt, soziale Gerechtigkeit und eine Demokratie, die alle einbezieht. Es ist eine Aufgabe, die uns alle angeht." Mehr Infos: www.unteilbar.org/aktionen/solidarischerosten-ueber/
Bürgerhaushalte in Berlin – Beispiel Lichtenberg
Der Bürgerhaushalt ist ein Beteiligungsverfahren, bei dem Bürger*innen, Politik und Verwaltung gemeinsam einen Teil des bezirklichen Haushalts bzw. die bezirklichen Leistungen und Aufgaben Lichtenbergs diskutieren und gestalten. Mehr Infos: www.buergerhaushalt-lichtenberg.de/
Literaturtipp
Steffen Mau (2024): Ungleich vereint. Warum der Osten anders bleibt. Suhrkamp Verlag, Berlin.

