Außergewöhnlicher hätte der Start an der neuen Arbeitsstelle wohl kaum verlaufen können: nur wenige Tage bevor die ASH Berlin wie alle anderen Berliner Hochschulen am 20. März 2020 in den vom Berliner Senat verordneten Präsenznotbetrieb wechselte, begann die Zeit von Jann Bruns als vom Kuratorium gewählter „notgeschäftsführender Kanzler“ der ASH Berlin.
Der Hannoveraner hatte zuvor von Andreas Flegl, der an die Evangelische Hochschule wechselte, die anstehenden Aufgaben vermittelt bekommen: u.a. Reform der Verwaltung, Einführung von Fachbereichen, Planung des Bauvorhabens am Kokoschkaplatz, Neu- und Weiterentwicklung mehrerer Studiengänge, Digitalisierung – ziemliche Mammutaufgaben für eine zeitlich begrenzte Interimskanzlerschaft.
Und dann kam auch noch Corona…
Ein Pandemieplan musste erstellt und der Präsenznotbetrieb vor Ort aufrechterhalten werden. Anfangs fanden täglich Covid19-Taskforce-Sitzungen mit der Senatskanzlei Wissenschaft und Forschung statt, an der sich alle Berliner Hochschulen beteiligen sollten - Jann Bruns schaltete sich von Hannover aus zu.
Zum Glück waren da wenige Tage gewesen, die der im wahrsten Sinne „Notgeschäfte“ führender Kanzler an der Hochschule zum Kennenlernen von Schlüsselpersonen in der Verwaltung genutzt hatte. Danach leitete er den Betrieb online, nahm so trotz aller Widrigkeiten regelmäßig am Jour Fixe der Hochschulleitung und am Akademischen Senat teil, kam nach Aufhebung der Kontaktsperren zu tageweisen Strategiesitzungen der Hochschulleitung nach Berlin, half dabei, den neuen Leiter der Abteilung Haushalt dabei zu unterstützen, den Bereich neu aufzustellen, traf Personalentscheidungen und berief die Abteilungsleitungen wöchentlich zum Austausch ein.
Die Tätigkeit als Interimskanzler war für Jann Bruns nicht neu. Bevor er nach Berlin an die Alice Salomon Hochschule kam, war er 15 Jahre Kanzler an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover. Parallel war er im Jahr 2011 für elf Monate vertretungsweise als Kanzler an der HMfT Köln tätig und 2018 weitere neun Monate als vertretender Kanzler an der HBK Braunschweig. Beide Hochschulen befanden sich in einer mit der ASH Berlin vergleichbaren Situation.
Wir bedanken uns bei Jann Bruns für seine zuverlässige, gelassene Unterstützung, seine erfahrungsgesättigten Hinweise und seinen souveränen frischen Außenblick. Er war uns ein sehr sympathischer und überaus freundlicher Kollege mit einem feinen Humor. Obwohl er wusste, dass er nur für einen sehr überschaubaren Zeitraum an der ASH Berlin tätig sein würde, hat er sich enorm für unsere Hochschule engagiert. Man konnte spüren, dass dieses Engagement von Herzen kam. Als es um die Auswahl der neuen Kanzlerin ging, beriet Jann Bruns uns sehr fundiert. Nachdem wir uns für Jana Einsporn entschieden hatten und die Entscheidung auch auf der Ebene des Senats gereift war, trafen wir uns als Hochschulleitung mit der neuen Kanzlerin zu einer Strategiesitzung. Dort bewahrte Jann Bruns auf beeindruckende Weise trotz aller Klarheit seiner Standpunkte die nötige Zurückhaltung, um der neuen Kanzlerin nichts vorwegzunehmen.
Wir wünschen Jann Bruns für seine nächsten Lebensstationen viel Erfolg, Zufriedenheit und – ganz wichtig – Entdeckungsfreude, Bewegungsspielraum, weiterhin Freiheit zum Atmen (trotz Maske) und unverdrossene Gesundheit!
Die Hochschulkommunikation stellte Herrn Bruns noch drei Fragen zum Abschied:
An welchen Moment während Ihrer Amtszeit im letzten halben Jahr werden Sie sich ganz besonders zurückerinnern?
Jann Bruns: Vielleicht war der emotionalste Moment an dem Tag, als ich nach dem Lockdown erstmals wieder in meinem Büro an der ASH Berlin anwesend. Es war kurz nach Pfingsten an einem schönen und sonnigen Tag.
Welche drei Gedanken/Ideen/Tipps geben Sie der ASH Berlin mit auf den Weg?
Jann Bruns: Grundsätzlich halte ich es eher für problematisch, hier kluge Ratschläge geben zu wollen. Ich habe meine Aufgabe vorwiegend darin gesehen, mit einer Außensicht die Diskussion zu bereichern. Das gelingt erfahrungsgemäß mal besser, mal schlechter.
Dabei versuche ich immer drei Dinge zu berücksichtigen:
- Die Bewahrung des Selbstverständnisses einer Organisation
- Die Vermeidung von Kommunikationsabbrüchen
- Die Entwicklung einer klaren Priorisierung von Vorhaben
Welchen Weg werden Sie nun einschlagen?
Jann Bruns: Zunächst werde ich noch eine Hochschule in Nordrhein-Westfalen für einen kurzen Zeitraum beratend begleiten. Danach werde ich versuchen, mich stärker meinen privaten Interessen in Kultur und Politik zu widmen. Meine derzeitige Absicht ist es, mich dann nur noch auf einzelne Projekte im Bewerbungscoaching und der Organisationsberatung zu beschränken.