„Taiñ trekan mew nieyiñ fentren kimvn. Unsere Wege sind voller Wissen“ – so lautet der Titel der Studienarbeit von Tamara B. Liencura Carrimán, für die sie mit dem erstmals vergebenen C.W.Müller Preis ausgezeichnet wird. Die Preisverleihung ist eingebettet in den 1. Fachbereichstags des Fachbereichs Soziale Arbeit und findet am 4. Juni 2025, um 12:30 Uhr, im Audimax der ASH Berlin statt. Dekan Prof. Dr. Heinz Stapf-Finé wird die Laudatio halten und den Preis im Beisein von Dr. Christiane Müller-Wichmann übergeben. Da Tamara B. Liencura Carrimán nicht persönlich vor Ort sein kann, wird ihre Projektpartnerin Clo Catalan den Preis stellvertretend entgegennehmen.
Die ausgezeichnete Studienarbeit
Tamara B. Liencura Carrimán ist Absolventin des Masterstudiengangs Soziale Arbeit - Kritische Diversity und Community Studies (KriDiCo). In ihrem Studienprojekt unterzog sie, gemeinsam mit Angehörigen der Mapuche Community, koloniale Archive in Deutschland einer rassismuskritischen Revision. Die untersuchten Archive beinhalten Dokumente, Reiseberichte und fotografische Aufnahmen über Mapuche, die aus kolonialen Kontexten zwischen dem 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts stammen. Tamara B. Liencura Carrimán recherchierte sowohl historische Zeitungen, die über die Ausstellung von Mapuche im Berliner Zoologischer Garten berichten, als auch die Sitzungsprotokolle der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte, in denen die Versendungen von Mapuche Schädeln dokumentiert wurden.
Die indigene Mapuche Bevölkerung lebt überwiegend im heutigen Chile und Argentinien. Tamara B. Liencura Carrimán geht davon aus, dass die meisten Selbstorganisationen der Mapuche aufgrund materieller, sprachlicher und wissenschaftlicher Barrieren nicht in Kenntnis darüber sind, dass während des Siedlungskolonialismus Mapuche Schädel nach Berlin gesendet worden sind und möglicherweise immer noch in Depots von Berliner Museen liegen. Mit ihrem Projekt möchte Tamara B. Liencura Carrimán einen Beitrag zur Gerechtigkeit leisten und die indigene Deutungsmacht gegenüber der offiziellen Geschichtsschreibung stärken. Das Projekt leistet Pionierarbeit, da es bisher kaum deutschsprachige, geschweige denn mehrsprachige Bildungsmaterialien gibt, die aus einer selbstbestimmten und gemeinschaftsorientierten indigenen Perspektive konzipiert sind.
Die Preisträgerin sagt: „Diese Studienarbeit wurde mit großer Anstrengung geschaffen, nicht nur meiner eigenen. Sie ist auch das Ergebnis anderer Generationen, die für Anerkennung, Würde und Selbstbestimmung kämpften und es noch tun. Das Bildungsmaterial verdanken wir zudem der entscheidenden Beteiligung von Clo Catalán Amoyao. Als Mapuche zu diesen Themen zu arbeiten, bringt eine gemeinschaftliche Verpflichtung mit sich, die über die Akademie hinausgeht. Daran arbeiten wir weiter, und der Preis erleichtert es, diesem Material Verbreitung und Leben zu geben“, so Tamara B. Liencura Carrimán.
Die Begründung der Jury
„Dieses recherchestarke und kreative Veränderungsprojekt stellt die Sichtbarkeit indigener Episteme im Kontext kolonialer Machtverhältnisse in den Mittelpunkt und entspricht in besonderer Weise den Prinzipien und Zielen unseres Masterstudiengangs wie Machtkritik, Intersektionalität, Communityorientierung, Handlungsorientierung mit dem Ziel auf gesellschaftliche Veränderung und Gerechtigkeit. Unser Anliegen ist es, diesem gesellschaftlich oft vernachlässigten oder unzureichend behandelten Thema symbolisch den Raum zu geben, den es gerade in einem Bildungskontext verdient“, sagt Prof. Dr. Asiye Kaya stellvertretend für die Jury.
Der C.W. Müller Preis
Seit 2024 wird an der Alice Salomon Hochschule Berlin der von Dr. Christiane Müller-Wichmann gestiftete C.W. Müller Preis für herausragende Studienarbeiten auf Masterebene verliehen. Die Auszeichnung ist mit 2.000 Euro dotiert und ehrt Projekte, die Theorie und Praxis auf kreative Weise verbinden und dabei besonders auf eine unterhaltsame Präsentation achten.
„C. W. Müller, legte stets großen Wert auf die praxisnahe Anwendung theoretischer Erkenntnisse. Es ist mir ein Anliegen, diese Tradition fortzuführen und zukunftsweisende Projekte an der Alice Salomon Hochschule Berlin zu fördern“, sagt Dr. Christiane Müller-Wichmann. „Die Verbindung von Wissenschaft und Praxis ist ein wesentlicher Beitrag zur Weiterentwicklung unserer Gesellschaft, und es freut mich, dass die Hochschule diesem Aspekt mit dem C.W. Müller Preis besondere Bedeutung beimisst.“
Die Studienarbeiten, die sich um den Preis bewerben, sollten eine klare Ausrichtung auf praktische Umsetzbarkeit aufweisen und idealerweise die Grundlage für zukünftige Promotionsvorhaben oder innovative Projektanträge bilden. Dabei liegt der Fokus auf Beiträgen, die kreative Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen bieten und die Community Organisation stärken. Der Preis wird einmal jährlich im Fachbereich 1 unter Studierenden der Masterstudiengänge Praxisforschung in Sozialer Arbeit und Pädagogik sowie Soziale Arbeit - Kritische Diversity und Community Studies ausgelobt. Alle Lehrenden der beiden Studiengänge sind aufgerufen, Studierende und deren Projekte vorzuschlagen. Eine Jury bestehend aus Expert_innen im Bereich der Sozialen Arbeit und Pädagogik entscheidet über die Preisträger_innen.
C. W. Müller, der im April 2021 verstorbene Professor der Sozialpädagogik, war der Alice Salomon Hochschule Berlin über viele Jahre hinweg eng verbunden. Als Lehrbeauftragter im Masterstudiengang Praxisforschung in Sozialer Arbeit und Pädagogik und als inspirierender Redner prägte er zahlreiche Generationen von Studierenden und Kolleg_innen. Mit dem C.W. Müller Preis wird sein Andenken auf besondere Weise gewürdigt und sein Engagement für die praxisorientierte Lehre weitergeführt.
Interview-Möglichkeiten
Wir vermitteln Pressevertreter_innen gerne Gesprächstermine mit Tamara B. Liencura Carrimán. Bitte kontaktieren Sie uns per E-Mail unter hochschulkommunikation@ ash-berlin.eu.
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